Vor einiger Zeit bat mich ein Leser um Rat für seine nächste Präsentation, mit der er auf die gravierenden Wasserprobleme von Megastädten aufmerksam machen wollte. Der Vortrag sollte einen eher wissenschaftlich sachlichen Ton haben, gerade deswegen aber durch einen emotionalen Einstieg die Zuhörer für das Thema sensibilisieren. Dabei sollte folgende Folie helfen:
Die Folie ist emotional, keine Frage, und die Zahlen klingen dramatisch. Aber es gibt ein gravierendes Problem: sie haben nämlich nichts mit Megastädten zu tun. Wie wir später in der Präsentation erfahren, leben derzeit überhaupt „nur“ knapp 600 Mio. Menschen in Megastädten, also insgesamt deutlich weniger als die auf der Folie genannten Zahlen von 1 Mrd. und 2,6 Mrd Menschen, die sich demnach auf die weltweite Gesamtbevölkerung beziehen.
Gerade in einem wissenschaftlichen Umfeld ist Glaubwürdigkeit extrem wichtig. Die Folie könnte daher sogar kontraproduktiv wirken. Denn wenn der Verdacht aufkeimt, dass durch „Verbiegen“ von Statistiken Emotionen provoziert werden, dann ist die Glaubwürdigkeit schnell verspielt. Es ist also ein wenig Vorsicht geboten: Emotionen ja, (Über-)Dramatisierung nein.
Einen interessanten Aufhänger bot jedoch ein Bild, das ursprünglich später in der Präsentation verwendet werden sollte und das eine verdreckte Abwasseranlage in Bangkok zeigt, aus der eine unappetitliche Brühe ins Wasser fließt. Solche Anlagen sind ein Grund für die Ausbreitung von Cholera und anderen Infektionskrankheiten, unter denen Bangkok zu leiden hat.
Dieses Bild ist damit ein guter Aufhänger für eine kleine Geschichte, die anhand des konkreten Beispiels „Bangkok“ in die Wasserproblematik der Megastädte einführt. Das Beispiel erfüllt gleich mehrere Zwecke. Neben einem emotionalen Zugang zu dem Thema können nämlich schon einmal die wesentlichen Probleme, die im Verlauf der Präsentation erläutert werden sollen, vorab konkret veranschaulicht werden. So haben die Zuhörer später eher ein Bild vor Augen, wenn sie die abstrakten Zahlen und Fakten hören.
Eine Bildsuche auf flickr liefert noch eine Reihe von Fotos, die für diese Einführung geeignet sind. Die folgenden drei Folien zeigen eine mögliche Umsetzung in PowerPoint, die erst Bangkok als Megastadt vorstellt und anschließend die Wasserprobleme der Stadt anhand der Abwassereinspeisung benennt.
Als Anregung für den Einsatz von Geschichten zum Einstieg in Themen wie diese mögen auch die beiden folgenden TED-Präsentationen dienen. In der ersten Präsentation spricht Willie Smits über die Probleme bei der Wiederaufforstung in Indonesien und erzählt zu Beginn von einer einschneidenden Begegnung mit einem Orang-Utan-Baby.
In der zweiten Präsentation berichtet Majora Carter über ihre Mission, die Ghettos in der New Yorker Bronx (einer anderen Megastadt) zu einem lebenswerteren Ort zu machen und erzählt, wie ihr Hund ihr dafür die Augen geöffnet hat. Die Folien können sicher in beiden Vorträgen noch verbessert werden, aber beide Redner zeigen spürbare Leidenschaft für ihr Thema und erzielen gerade durch den Einsatz vieler Bilder (ganz ohne Text) einen sehr emotionalen Zugang zu ihrem Thema.
Links zu dem Artikel
Wikipedia-Artikel über Bangkok
Die durstige Megastadt – Berliner Zeitung über Wasserprobleme in Mexiko-City
Mehr TED-Präsentationen zum Schwerpunkt The Power of Cities
Mehr TED-Präsentationen zum Thema A Greener Future?
Zahlen oder Bilder? – Zahlen emotional visualisieren
Weitere Vorher-Nachher-Vergleiche
[Fotos: Woman with Child Collecting Water von hdptcar@flickr.com unter CC-BY lizenziert,
Hot Raw Sewage von Stuck In Customs@flickr.com unter CC-BY-NC-SA lizenziert,
Assumption University Bangkok von 3dom@flickr.com unter CC-BY-NC lizenziert,
Baiyoke Bangkok von GAry.Photography@flickr.com unter CC-BY-NC-ND lizenziert]