In einem Satz können wir es nicht sagen wir es mit einem Wendesatz

Storytelling prägnant. Die Swiss Life setzt in diesen Werbemotiven auf einen Wendesatz.

Was für eine gelungene Werbung: Die Wendesätze, mit denen die Swiss Life seit zwei Jahren für ihre Versicherungsprodukte wirbt (Agentur Leo Burnett Schweiz). Während die gesamte Konkurrenz sich als Kundenversteher erklärt, zeigt die Swiss Life in je einem Satz auf, dass sie die Probleme der Kunden tatsächlich verstanden hat. „Show, don’t tell“ nennt man das.

Jeder Satz erzählt eine kleine Geschichte mit einer überraschenden Wendung. Das funktioniert deshalb so gut, weil der Überraschungsmoment exakt zum Küchenzuruf passt: „Das Leben ist voller Wendungen. Unsere Vorsorge passt sich an.“

Wie lautet Ihr Wendesatz?

Wendesätze machen gleich zweimal Spaß. Zuerst beim Schreiben und dann noch einmal, wenn es bei Ihrem Publikum Klick macht. Probieren Sie es doch einmal aus!

Das brauchen Sie, um einen Wendesatz für Ihr eigenes Thema zu finden:

  1. Einen Küchenzuruf – worum geht’s?
  2. Einen Helden – jemand, in den sich Ihr Publikum hineindenken kann.
  3. Dessen Problem – wo drückt bei Ihrem Publikum der Schuh?.
  4. Spaß und Kreativität.

Ein Beispiel: Stellen Sie sich einen Rasenmäher-Hersteller vor, der seinen automatischen Roboter-Mäher präsentieren will.

  1. Sein Küchenzuruf: „Lassen Sie den Rasenmäher doch selber mähen und nutzen die Zeit sinnvoll.“
  2. Der Held: ein typischer Gartenbesitzer, also jemand der im Publikum sitzen könnte.
  3. Dessen Problem: Wer mäht schon gerne Rasen?
  4. Der Wendesatz: Ich muss schon wieder Rasen mähen kann mein Rasenmäher alleine.

Probieren Sie es aus. Und wenn Sie mögen, twittern Sie Ihren Wendesatz mit Hashtag #wendesatz.

Ich wollte nie in die Werbung ist doch auch Ihre Präsentation!

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Interessiert mich nicht die Bohne

Betriebsblindheit ist keine Ausrede Fragen Sie sich lieber: Was interessiert mein Publikum wirklich?

Eigentlich war es eine gescheite Idee: Digitale Fahrpläne in Bus und Bahn, die mir anzeigen, wo ich mich gerade befinde, wie die nächsten Haltestellen heißen und in wievielen Minuten ich dort ankomme. Weniger gescheit war jedoch die Idee, diese Anzeige flott noch zu einer betriebseigenen Werbefläche zu machen. Die Haltestellen werden einige Sekunden angezeigt, dann werden mir ausführlich Imagebilder der Stadtwerke Bonn präsentiert. Informationen, die mich dann, wenn ich dringend herausfinden will, wo ich eigentlich hin muss, herzlich wenig interessieren.

Von uns, für uns

Es zieht sich durch öffentliche Auftritte von Unternehmen, Organisationen oder Behörden gleichermaßen: Das “von uns, für uns”-Phänomen. Dabei steht nicht mehr der Informationsbedarf des Zielpublikums im Mittelpunkt. Nein, diese Medien wurden für den Chef, den Vorstand, die Kollegen oder ganz einfach sich selbst konzipiert.

Es zeigt sich in der überfrachteten Präsentation, in der es eigentlich darum geht, dem Vorgesetzten und den Kollegen mit vielen Worten, Zahlen und Schaubildern zu zeigen: Schaut her, das habe ich alles geschafft! 

Es zeigt sich im Internetauftritt, den Mitarbeiter erstellt haben, die so tief im eigenen Saft schmoren, dass sie nicht merken, dass niemand außer ihnen etwas mit den betriebsinternen Worthülsen anfangen kann. 

Und es zeigt sich in den mobilen Haltestellenanzeigen der Stadtwerke Bonn, in denen unbedingt noch die neue Imagekampagne Platz finden musste – einfach nur, weil es sie gibt und man stolz auf sie ist. Dass sie den Reisenden nicht die Bohne interessiert, bedenkt niemand.

“Von uns, für uns” eben.

Der Fluch des Wissens

Von einem gewissen Maß an Betriebsblindheit kann sich wohl niemand freisprechen, der mit Herzblut bei der Sache ist. Das ist der Fluch unseres eigenen Wissens, von dem wir uns nur schwer lösen können. Was aber an uns ist, ist das stete Bemühen, immer wieder in die Perspektive unseres Publikums zu schlüpfen und uns ganz ehrlich zu fragen “Und warum sollte das hier und jetzt jemanden interessieren?”

Leicht wird das nicht, seien Sie versichert. Es tut weh, erbarmungslos zu kürzen und rauszuschmeißen. Aber einer muss sich eben quälen: Entweder Sie oder Ihr Publikum.

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Wie man kinderleicht zum Punkt kommt

Als Kind fand ich Zeitung lesen immer furchtbar langweilig. Viel zu kleiner Text, viel zu wenig Farbe, viel zu wenig Bilder. Japanischen Kindern scheint es ähnlich zu gehen. Die Zeitung Tokyo Shimbun hat nämlich eine App herausgebracht, die Zeitungstexte für Kinder übersetzt. Scannt man einen Artikel ein, erscheint er kinderkompatibel auf dem Smartphone: bunter, kürzer und anschaulicher.

Um ehrlich zu sein: Eine App, die mir in kurzen, klaren Sätzen zusammenfasst, worum es bei einem langen Artikel eigentlich geht, finde ich auch als Erwachsene gar nicht so unpraktisch. Und wenn ich mir jetzt vorstelle, ich könnte bei der nächsten langatmigen Präsentation einfach heimlich mein Smartphone zücken, um eine kinderleichte Übersetzung des Wortwustes zu bekommen… Denn einem Kind erklärt man nichts in verschachtelten Sätzen mit abstrakten Formulierungen und erst recht nicht in Tabellen in Schriftgröße 8. Für ein Kind muss man eine Botschaft erbarmungslos auf den Punkt bringen. Ohne Werbeslogan, ohne Anglizismus und ohne Worthülsen.

Was würden Sie es einem Kind erklären?

Wenn Sie bei Ihrer nächsten Präsentation auf der Stelle treten und Ihre Idee oder Ihr Produkt einfach nicht auf den Punkt bringen können, stellen Sie sich vor, wie eine solche App Ihre Kernbotschaft in Kindersprache übersetzen würde. Das bedeutet natürlich nicht, dass Ihr Produkt oder Ihre Idee jede Komplexität verlieren oder Sie Ihre Botschaft in Kindersprache vortragen sollten. Aber haben Sie es einmal geschafft, Ihre Botschaft in klare, kurze Worte zu fassen, wird es Ihnen sehr viel leichter fallen, den richtigen Küchenzuruf für Ihr Publikum zu finden und zu formulieren.

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Der Zipper – Und was ist Ihre Schlagzeile?

Der Zipper beweist: Man kann jede Story in 80 Zeichen erzählen. Was wäre Ihre Schlagzeile am Times Square?

An wenigen Orten der Welt fühlt man sich so schnell so reizüberflutet wie hier: Am New Yorker Times Square mit seinen ewig blinkenden Displays und Werbebannern. Eines der Werbebanner hat dabei eine besondere Geschichte: Der Times Square Zipper am One Times Square. Die Nachrichtenlaufschrift war 1928 der erste öffentliche digitale Newsticker. Wenn es auf dem Zipper war, wussten die Menschen: Das ist jetzt wichtig!

Was wäre Ihre Zipper-Schlagzeile?

Was eine Zipper-Schlagzeile ausmacht: Ihre Botschaft muss extrem kurz und gleichzeitig extrem aussagekräftig sein, um anzukommen. Küchenzuruf in Perfektion, sozusagen.

Was wäre, wenn Sie die Botschaft Ihrer nächsten Präsentation auf dem gigantischen Zipper am One Times Square platzieren könnten? Platz für zwanzig Bulletpoints haben Sie dort nicht. Geht nicht, denken Sie, Ihre Botschaft ist zu komplex? Geht doch, sagt Evan Rudowski, der in den 1980er Jahren den 1,5 Meter hohen und knapp 270 Meter langen Zipper für die Zeitung Newsday mit Worten fütterte:

“We had 80 characters per headline — that’s about eight to 10 words, including spaces and punctuation. By comparison, Twitter users are blathering and verbose. Trust me, you can tell any story in 80 characters.”

Fragen Sie sich vor Ihrer nächsten Präsentation: Was wäre Ihre Zipper-Schlagzeile? Denn erst wenn Sie sie gefunden haben, können Sie Ihrem Publikum vermitteln: Das ist jetzt wichtig!

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Alles heiße Luft? Was man von Frisören lernen kann

Einfach nur föhnen. Dieser Friseur weiß, wie man auf den Punkt kommt.

New York ist ziemlich hip. Neben hippen Boutiquen und hippen Cafés mit hippen Menschen gibt es auch, wie könnte es anders sein, hippe Frisöre. Einer fiel mir bei meinem letzten Besuch besonders auf. Die Drybar bietet nämlich nur eine einzige Dienstleistung an: Föhnen. Für 40 Dollar bekommt der Kunde alles, was die Meister hinter dem Föhn zu bieten haben.

Das Konzept dahinter ist simpel und einleuchtend: “Our philosophy: Focus on one thing and be the best at it. For us that’s blowouts.” Und dieses Konzept scheint gut zu funktionieren, denn es gibt schon 26 Filialen von Drybar in den USA.

Und was können Sie besser als alle anderen?

Was für New Yorker Föhnfriseure gilt, trifft genauso auf überzeugende Vorträge zu. Wenn Sie etwas besser können als alle anderen, dann bringen Sie das auch glasklar auf den Punkt.

Zugegeben, in den meisten Fällen ist das sicherlich ein bisschen komplexer als Föhnen. Ihre Kunden oder Ihr Publikum überzeugen Sie aber mit dem gleichen Ansatz wie die Föhnexperten: Sie können etwas besser als die anderen, weil Sie sich darauf spezialisiert haben. Das ist viel authentischer als: „Egal, was Sie brauchen: Wir können alles perfekt!“ Das entlarven Ihre Kunden nämlich schnell als heiße Luft.

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Geht doch, Microsoft!

„The most personal smartphone“. Schon die erste Folie setzt den Fensterbrüller in Szene. Viel besser als letzte Woche.

Nur wenige Tage nach der langweiligen Windows-8-Präsentation macht Microsoft bei der Vorstellung des neuen Handy-Betriebssystems Windows Phone 8 fast alles besser: gute Bilder, viele Stories, ein durchgängiger Spannungsbogen und ein echter Fensterbrüller. Präsentiert von einem lebendigen Joe Belfiore im Vergleich zum Zieh-auf-Männchen Steve Sinofsky mit steifer Gestik und monotonen Sätzen vergangene Woche.

Der Fensterbrüller

Ohne guten Fensterbrüller ist alles andere nur Glückssache. Diesmal passt er bei Microsoft: »The most personal smartphone«. Das ist nicht nur ein echtes Unterscheidungsmerkmal, sondern es lässt sich prima mit Leben füllen. Und das tut Microsoft ausgiebig. Von den Filmeinspielungen („I’m Steve and this is my phone.“) über die Schwerpunkt-Themen, Witze über die Konkurrenz bis hin zu den Kindern auf der Bühne (zugegeben, etwas kitschig) dient alles dem Motto: »The most personal smartphone«.

„Well, Apple announced the iPhone 5 with a 5th row of icons.“ Microsoft macht sich über den „Einheitsbrei“ bei der Konkurrenz lustig.

Show don’t tell: Joe Belfiore erzählt Stories statt bloßer Fakten. Hier demonstriert er den Nutzen der sog. „Kid’s Corner“ mit Hilfer seiner Kinder.

Das ist plakativ und einprägsam. Umso eigenartiger übrigens, dass Microsoft diesen Slogan nicht auch für die Werbe-Kampagne zu Windows Phone verwendet. Hier heißt es plump: »Meet the new Windows Phone. Reinvented around you.« (Der Werbespot setzt das dann aber wieder gut um, auch wenn er stark an Apples Crazy-Ones-Werbung erinnert.)

Wer hat eigentlich das Sagen?

Das alles ist schon merkwürdig, dieser Kontrast zwischen den beiden Microsoft-Keynotes. Kaum etwas erinnerte am Montag an die Windows-8-Präsentation. Selbst Steve Ballmers Redeteil unterschied sich deutlich.

Offenbar haben die Teams die Präsentationen unabhängig voneinander geplant. Gibt es denn bei Microsoft niemanden, der bei solch wichtigen Veranstaltungen das Sagen hat? Niemand, der dafür zuständig ist, ein einheitliches (gleichbleibend hochwertiges) Bild von Microsoft zu sichern? Steve Ballmer ist es jedenfalls nicht. Und auch einen wie Apples Marketing-Chef Phil Schiller gibt es offensichtlich bei Microsoft nicht.

Vielleicht geht ja auch das noch bei Microsoft …

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Ein Windows ohne Fensterbrüller

Ein Windows ohne Fensterbrüller

Eine große Leinwand macht nocht keine spannende Präsentation. Die Windows-8-Präsentation war langweilig.

Ein Unternehmen von der Größe Microsofts krempelt man nicht mal so eben um. Mit dem Start von Windows 8 versucht Microsoft aber genau das. Seit Jahresbeginn hat sich das Unternehmen ein komplett neues Erscheinungsbild gegeben, alle wichtigen Produkte im neuen Design neu aufgelegt und mittlerweile baut es gar Computer, die Surface-Tablets.

Mich beeindruckt, wie radikal Microsoft dabei vorgeht: Klare Linien statt kreisch-bunter Vista-Oberflächen. Anders als so mancher Konkurrent äffen sie dabei nicht einfach nach, was Apple vormacht. Sie entwickeln ihr Design und setzen es konsequent über alle Produkte um.

Ob das neue Windows etwas taugt, weiß ich (noch) nicht. Aber zur Präsentation kann ich etwas sagen. Und die war leider nicht so mutig wie die neuen Produkte.

Auch wenn sie erheblich größer daherkam, Microsofts Präsentation war eine typische (und das meine ich nicht im besten Sinne) PowerPoint-Präsentation: Bullet-Points, langweilige Dramaturgie und viel erklären, wenig zeigen. Der Reihe nach:

Eine Aufzählung ist eine Aufzählung ist eine …

Auch wenn sie sich viel Mühe mit ihrem Design geben, PowerPoint ist offenbar zu tief in Microsofts DNA verankert. Im Vergleich zu früher sind die Folien zwar schlichter, aber: eine Aufzählung ist eine Aufzählung ist eine Aufzählung ist … langweilig (dass sie die Punkte vor der Aufzählung weglassen, macht es auch nicht besser). Storys: Keine. Roter Faden: ja, aber Spannungsbogen: leider nein. Starke Bilder: Fehlanzeige. 

So entstehen keine Bilder im Kopf. Microsoft nennt zwar viele, viele Vorteile von Windows 8. Aber was das für mich bedeutet, muss ich mir schon selber überlegen. Vergleichen Sie mal, wie Microsoft die neue Tablet-Version von Windows präsentiert, und wie Amazons den Kindle präsentiert. Bei Microsoft: Aufzählung und Fakten. Bei Amazon: Starke Bilder und Alltags-Situationen, die auf einen Blick den Produktvorteil zeigen, statt ihn bloß zu sagen.

So entstehen keine Bilder im Kopf. Was „Windows experience on ARM“ bedeutet, muss ich mir z.B. selbst überlegen.

Show, don’t tell: Eine Folie aus der letzten Kindle-Präsentation von Amazon. Dieses Bild sagt braucht keine Worte und jeder kann sich in die Situation hineindenken.

Das Problem: Es gab keinen Fensterbrüller

»Fensterbrüller« ist ein anderes Wort für »Küchenzuruf« und den hat sich Microsoft offenbar nicht richtig überlegt. Vorteile zählen sie viele auf, allein: hängen bleiben sie bei mir nicht. Was soll ich meinem Nachbarn aus dem Fenster zubrüllen? Was meiner Frau in die Küche zurufen? Da ist sich Microsoft offenbar selbst nicht sicher. »Windows re-imagined« ist der schwache kleinste Nenner, den die Werbespots rufen. Vergleichen Sie das mal mit Apple. Die neuen MacBook Pros? Retina-Display. MacBook Air? Das dünnste Laptop der Welt.

Kein echter Fensterbrüller: „Windows re-imagined: from the chipset to the experience.“ Technisch und ohne Emotionen: so etwas erzäht man nicht weiter.

So sieht ein Fensterbrüller aus. Steve Jobs bei der Vorstellung des MacBook Air.

Wer seinen Küchenzuruf kennt, der findet die passenden Bilder. Steve Jobs zog damals das MacBook Air aus einem Briefumschlag. Die Botschaft: Das Gerät ist so dünn, es passt sogar in einen Umschlag. Doch Microsoft konnte sich nicht dazu durchringen, die eine entscheidende Botschaft auf den Punkt zu bringen. Und so bestätigt die Präsentation den Eindruck, den so mancher Test ergab: ambitioniert, vielversprechend, aber noch nicht am Ziel.

Ballmers Freud war groß

„You will absolutely not love Windows 8.“ Ein Freud’scher Fehler, der nicht passieren darf.

Ein echtes „Highlight“ gab es dennoch. Kurz vor Ende der Präsentation unterlief Microsofts Chef, Steve Ballmer, eine üble Freud’sche Fehlleistung, indem er sagte: »You will absolutely not love Windows 8«. Das sollte bei einer so wichtigen Präsentation nicht passieren.

Na gut, das sei ihm verziehen. Schlimmer finde ich ohnehin, dass anscheinend die guten alten Zeiten der Rampensau-Werbung vorbei sind. So wie dieses Windows-95-Promo-Video, das Microsoft seinerzeit an Händler verschickte. Oder dieser Spot mit Steve Ballmer zur Windows-XP-Einführung:

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Wer zuletzt lacht, hat nachgedacht

„Sie lachten als ich mich an’s Klavier setzte. Aber als ich zu spielen begann!“ So beginnt einer der berühmtesten Werbebriefe des letzten Jahrhunderts. Er wirbt für einen Fernkurs der U.S. School of Music. Geschrieben hat ihn der Werbetexter John Caples. Und er funktionierte so gut, weil er ein Gefühl auf den Punkt brachte, das viele Menschen kennen.

Caples prägte das Texten von Werbebriefen mit seinen strengen Methoden. Er glaubte nicht an sein Bauchgefühl oder den spontanen Geistesblitz. Nach seiner Überzeugung basiert erfolgreiche Werbung auf harten Fakten. Deshalbt testete er konsequent seine Werbekampagnen auf den erzielten Werbeerfolg (was bei Werbebriefen gut funktioniert, weil man die Anzahl der Antworten zählen kann). Seine Erkenntnisse fasste er in mehreren Büchern zusammen.

Caples wichtigste Botschaft lautet: Du brauchst einen guten Küchenzuruf, der die Bedürfnisse deines Publikums anspricht, wie z.B. den des Möchtegern-Klavierspielers. Nur wenn sich die Leser – gleiches gilt für die Zuhörer eines Vortrags – angesprochen fühlen, reagieren sie auf die Werbung – bzw. nehmen etwas aus dem Vortrag mit. Für Caples besteht daher der wichtigste Teil seiner Arbeit darin, den richtigen Küchenzuruf zu finden:

There are usually many seemingly effective appeals to choose from for a given product, but only one right one. If I had a year to create an ad, I’d spend 11 months researching the appeal, and a month – or even a week – creating the ad.

In other words, what you say in your copy is much more important than how you say it. That would be the biggest thing.

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Mit Leidenschaft zum Erfolg

Zwei Geschichten über Leidenschaft:

Markus

Markus hat eine Leidenschaft: Er will Erfolg haben. Dafür tut er alles. Er arbeitet bis spät in die Nacht. Jeden Tag ist er auf der Jagd nach Kunden.

Mit PowerPoint ist er ein Virtuose. Morgen eine Präsentation? Kein Problem. Schnell ein paar Folien zusammengesucht und mit ein paar Effekten angereichert.

Zu erzählen weiß Markus immer genug. Das passt zwar nicht immer zu den Folien. Aber improvisieren kann er gut. Deswegen ist er auch in der Lage, ganz schnell das Gegenteil zu begründen, wenn er merkt, dass den Kunden etwas komisch vorkommt. Präsentationen sind zum Verkaufen da!

Jakob

Jakob hat eine Leidenschaft: Er will die Welt verändern. Dafür tut er alles. Er arbeitet bis spät in die Nacht. Jeden Tag versucht er, Menschen von seiner Idee zu überzeugen.

Beim Präsentieren ist er ein Virtuose. Morgen eine Präsentation? Kein Problem. Er überlegt sich sehr genau, was sein Küchenzuruf ist und wie der rote Faden verläuft.

Zu erzählen weiß Jakob immer genug. Das passt immer genau zum Publikum. Improvisieren kann er auch gut. Deswegen bezieht er das Publikum aktiv mit ein und nimmt seine Antworten ernst. Präsentationen sind zum Erklären da!

Und Sie?

Wollen Sie mit Ihrer Präsentationen nur verkaufen oder erklären? Überreden oder überzeugen? Es sich so einfach machen wie möglich oder Ihrem Publikum? Bloß Erfolg haben oder die Welt verändern?

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Eine wundervolle Plakatwerbung für die Kammermusik der Berliner Philharmoniker von Scholz & Friends (alle Motive):

Plakatwerbung „Näher an der Klassik“ für die Kammermusik der Berliner Philharmoniker

Wie kommt man auf so etwas? Durch den berühmten Geistesblitz, der mich unerwartet trifft, wenn ich am wenigsten daran denke? Vielleicht. Manchmal. Meistens jedoch nicht. Und wenn doch, dann habe ich ihn vorher eingeladen.

Die beste Einladung für solche Geistesblitze ist ein guter Küchenzuruf, die Kernbotschaft, die beim Publikum hängen bleiben soll. Ein guter Küchenzuruf ist aus Sicht des Publikums formuliert und bringt schon alleine deswegen den viel beschworenen Kundennutzen auf den Punkt.

Und wenn er das tut, dann sind die guten Ideen nicht mehr fern:

  • Kammermusik? Näher an der Klassik. Also: geh so nah ran, wie es nur geht, am besten in das Instrument hinein, siehe oben.
  • MacBook Air? Das dünnste Laptop der Welt. So dünn, dass es sogar in einen Briefumschlag passt. Also: steck’ es in einen Briefumschlag.
  • Bionade? Viel Bio, keine Chemie. Also: „Gut in Bio. Schlecht in Chemie.“ Genau das.

Und das sind eben keine Zufallsprodukte. Einen guten Küchenzuruf kann man sich erarbeiten. Denn er ergibt sich aus den Eigenschaften des Produkts. Und wenn das Produkt etwas taugt, dann findet man auch einen guten Küchenzuruf (wenn man nur lang genug die richtigen Fragen stellt).

Und dann kommen sie eben nicht unerwartet, die Geistesblitze, sondern vorbereitet. Und dann findet man gute Ideen, statt sie zu suchen.

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