Wer sich mit modernem PowerPoint beschäftigt, der kommt im Augenblick an zwei Namen nicht vorbei: Garr Reynolds von Presentation Zen und Nancy Duarte, Chef der PowerPoint-Designfirma Duarte Design. Beide propagieren einen sehr visuellen Stil und beide haben enorm viel dafür getan, das Bewusstsein für eine modernere Art der Präsentation zu wecken, die auf verstaubte Stichpunktlisten verzichtet.
Die Antwort auf eine Frage aber bleiben beide schuldig: Ist diese moderne Art der Präsentation eigentlich effektiv? Steigert es wirklich die Überzeugungskraft meiner Präsentationen? Genau in diese Lücke stößt der amerikanische Professor Andrew Abela mit seinem empfehlenswerten Buch Advanced Presentations by Design vor. Er hinterfragt viele der gängigen Präsentations-„Regeln“ kritisch und untermauert fast alle seiner Aussagen mit Belegen aus wissenschaftlichen Studien.
Wenn Abela von Design spricht, meint er übrigens nicht etwa das visuelle Layout der Folien, sondern den gesamten Entwurf einer Präsentation, von der Zielgruppenanalyse über die Strukturierung der Inhalte bis hin zur gestalterischen Umsetzung. Umgekehrt bedeutet das, dass es in seinem Buch ausschließlich um den Inhalt einer Präsentation und dessen Strukturierung und Darstellung geht, nicht aber um den Vortrag selbst.
Die größte Stärke des Buches ist gleichzeitig die größte Schwäche: es liefert ein (recht einfaches) Kochrezept zur Erstellung überzeugender Präsentationen. Warum ist das gut? Weil es ein Werkzeug an die Hand gibt, mit dem Sie mit ziemlicher Sicherheit Präsentationen erstellen, die zumindest recht ordentlich sind. Das Buch liefert dafür haufenweise Tipps zur Lösung alltäglicher Präsentationsfragen. Da bleibt fast nichts unbeantwortet.
Andererseits: Diese pragmatische Herangehensweise führt auch dazu, dass gelegentlich vereinfacht wird. Das Buch ist z.B. sehr auf Businesssituationen und den „rational denkenden Menschen“ zugeschnitten. Dass es Zuhörer geben mag, die nicht immer nur an materiellem, direkt messbarem Nutzen interessiert sind, sondern eine Präsentation auch einfach mal „nur“ spannend finden können, zieht Abela nicht so recht in Erwägung. Gleichwohl hat er natürlich recht, wenn er darauf hinweist, dass eine Präsentation umso besser wird, je mehr man sich über das Ziel der Präsentation im Klaren ist. Nur muss dieses Ziel nicht immer knallhart businessorientiert sein.
Abgesehen davon aber finden Sie Unmengen an sehr hilfreichen Tipps für fast jede Präsentationssituation. Besonders hilfreich scheinen mir die beiden Kapitel zum Storytelling. Sie bieten eine, zwar knappe und recht einfache, dafür aber gut nachvollziehbare Anleitung, wie aus einer faktenbasierten, langweiligen Bullet-Point-Präsentation ein Vortrag mit Spannungsbögen wird, dem man gerne zuhört. Im Zentrum steht hier die SCoRE-Methode; das steht für (Situation)-Complication-Resolution-Example (auf Deutsch: Situation-Komplikation-Auflösung-Beispiel).
Anstatt Ihre Präsentationsinhalte einfach (langweilig) aneinanderzureihen, sollen Sie mit Hilfe von SCoRE Ihre Inhalte so strukturieren, dass Sie einen Spannungsbogen erzeugen, indem Sie sie in die richtige Reihenfolge bringen. Zunächst schildern Sie die Ausgangssituation, danach formulieren Sie die drängendste Frage Ihres Publikums und lösen diese direkt im Anschluss auf und untermauern das durch ein Beispiel. Natürlich wird Ihr Publikum Gegenfragen haben. Diese formulieren Sie als nächsten Konflikt, zu dem Sie dann wiederum Lösung und Beispiel liefern usw. Das ist ein ganz ähnliches Vorgehen, wie ich es in meinem letzten Vortrag geschildert habe. Abela sagt über seine Methode:
Das funktioniert so gut, weil Sie Informationen erst dann nennen, wenn Sie in Ihrem Publikum das Verlangen danach erzeugt haben – genau das ist die Rolle der Komplikation: Sie stellen eine Frage, die das Verlangen nach einer Antwort erzeugt, die Sie dann auch liefern – die Auflösung.
Ich halte das Buch für sehr empfehlenswert und eine gelungene Ergänzung zu den Büchern Presentation Zen und slide:ology. Während diese beiden eher motivierenden Charakter haben und viele, viele Inspirationen für visuelle Präsentationen liefern, bekommen Sie in Advanced Presentations by Design die Begründungen mitsamt vieler praktischer Ergänzungen geliefert. Das Buch ist sicher nicht ganz so spritzig geschrieben wie die beiden anderen, aber wen das nicht schreckt, der wird bestimmt von dem Buch profitieren. Einen Vorgeschmack liefert übrigens die Webseite von Andrew Abela.
Link zu dem Buch
Rezension von Andrew Dlugan vom Six-Minutes-Blog
Rezension von Nancy Duarte, Autorin von slide:ology
Extreme Presentation Method, die Homepage von Andrew Abela, mit den wesentlichen Tipps aus dem Buch
Extreme-Presentation-Blog, der Blog von Andrew Abela