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Wie Geschichten das Gehirn beeinflussen

Geschichten regen unsere Fantasie an. Im Kopf entsteht mehr als ein Bild. Wir bilden eine Simulation der Geschichte.

„Das habe ich mir aber ganz anders vorgestellt.“ So oder so ähnlich lautet der Todesstoß für die meisten Kinoverfilmungen. Das Buch sei ja viel besser; der Hauptdarsteller zu jung, die Stadt zu modern, das Haus gelb statt rot.

Tatsächlich machen wir uns beim Lesen einer Geschichte ein sehr genaues Bild dessen, was wir gerade lesen. Und zwar nicht nicht nur ein „lebloses“ Gemälde. Offenbar konstruieren wir gedanklich eine umfassende Simulation der Geschichte. Die Situationen, die in einer Geschichte erzählt werden, erwachen gewissermaßen in unseren Gedanken zum Leben. Zumindest deuten darauf zahlreiche psychologische Experimente hin.

In einem dieser Experimente sollten zwei Gruppen von Studenten einen Text lesen. Die Texte waren bis auf eine Ausnahme identisch. Der Unterschied: Im Text der ersten Gruppe zog sich ein Mann ein Sweatshirt an und verließ anschließend das Haus; im Text der zweiten Gruppe zog er sich das Sweatshirt aus, bevor er das Haus verließ. Drei Sätze später nahm der Text wieder Bezug auf das Sweatshirt. Die Forscher haben dabei gemessen, wie lange die Studenten zum Lesen dieser Passage brauchten (Studie von Glenberg, Meyer, Lindem: „Mental models contribute to foregrounding during text comprehension“, PDF).

Das Ergebnis: Die Gruppe, bei der das Sweatshirt zu Hause geblieben war, brauchte länger, um den Satz zu lesen. Daraus folgern die Wissenschaftler, dass wir uns beim Lesen einer Geschichte eine sehr genaue Karte im Kopf anlegen, die beispielsweise auch räumliche Dimensionen einbezieht. Weil die zweite Gruppe also gedanklich diese Distanz „überwinden“ musste, brauchte sie länger, um den Text zu lesen.

Wie eine bildhafte Sprache das Gehirn aktiviert

Doch gedankliche Simulationen können noch viel mehr. Mithilfe von Magnetresonanztomographen konnten Forscher feststellen, dass das Lesen einer Textpassage, in der es um körperliche Arbeit geht, dieselben Hirnregionen aktiviert, wie das tatsächliche Ausführen dieser Arbeiten. Lesen wir das Wort „Parfüm“, wird der olfaktorische Kortex aktiviert, die Region in unserem Gehirn, die für die Verarbeitung von Gerüchen zuständig ist. Metaphern wie „Er hat eine rauhe Stimme“ aktivieren den sensorischen Kortex, der für den Tastsinn zuständig ist .

Mit anderen Worten: wenn wir eine bildhafte Sprache verwenden oder eine Geschichte erzählen, nehmen wir den Leser – oder das Publikum – mit auf eine Reise. Er visualisiert unsere Worte nicht nur, er baut eine gedankliche Simulation.

Doch was nützen diese gedanklichen Simulationen? Möglicherweise eine ganze Menge. Sportler, Musiker und viele andere Gruppen erzielen durch mentales Training deutlich messbare Leistungssteigerungen, indem sie gedanklich die Bewegungsabläufe durchgehen, die z.B. beim Schwimmen oder beim Spielen einer schwierigen Sonate notwendig sind. Auf diese Weise programmieren sie gewissermaßen ihr Gehirn für diese Situationen. Möglicherweise war das gar einer der Erfolgsfaktoren für den Rekordschwimmer Michael Phelps. Gewissermaßen programmieren wir – sagen wir besser trainieren wir – also unser Gehirn durch eine mentale Simulation.

Anders ausgedrückt: Indem wir unserem Publikum Geschichten erzählen, entsteht in ihren Köpfen eine mentale Simulation dieser Geschichten. Geschichten verändern also etwas in den Köpfen des Publikums.

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