Letzte Woche war ich nach langer Zeit mal wieder bei Kaufland einkaufen. Das tue ich normalerweise gar nicht gerne, weil ich mich regelmäßig von dem riesigen Angebot erschlagen fühle. Offenbar hat das der Betreiber mittlerweile auch selbst erkannt, denn mit Hilfe von Hinweisschildern werden interessante Angebote gekennzeichnet: was neu ist, was Bio ist, und was besonders billig ist. Dieses Paradebeispiel klarer, zielgerichteter Kommunikation musste ich einfach mit einem Foto festhalten.
Im Ernst, was sich die Kaufhausbetreiber bei dieser Beschilderung gedacht haben, wird mir wohl auf ewig ein Rätsel bleiben. Ich zähle alleine drei verschiedene billig/billiger-Schilder. Insgesamt sind auf diesem Foto an die 50 Hinweisschilder an einem einzigen Regal zu sehen. Wer sich durch die reine Produktanzahl noch nicht überfordert fühlt, der ist es garantiert mit diesen Hinweisen. Gedacht, um Wesentliches zu kennzeichnen, führt die schiere Zahl an „wesentlichen“ Informationen dazu, dass der Käufer genauso verloren vor dem Regal steht wie ohne diese Hinweise. Wenn alles wichtig ist, ist nichts mehr wichtig.
Dass der amerikanische Wahlkamp vor allem auch Show und Entertainment ist, daran haben wir uns mittlerweile gewöhnt. Ein wahres Feuerwerk brennt Rick Davis, der Chef-Wahlkämpfer von John McCain, in einer Präsentation über McCains Wahlkampfstrategie ab. Ich habe sie nicht gezählt, aber Davis gehen bis zum Schluss die Animationseffekte nicht aus. Da öffnen sich Türen, fliegen Kometen über den Bildschirm, es explodieren Folien, funkeln Sterne und vieles mehr. Dass die Präsentationssoftware (Keynote) all das beherrscht, heißt aber noch lange nicht, dass man alles auch in einer Präsentation unterbringen muss. Erstaunlich, dass man vor lauter Effekten überhaupt noch etwas von der Präsentation mitbekommt:
Das andere Extrem zeigt uns David Plouffe, Chef-Wahlkämpfer von Barack Obama in seiner Kampagnenpräsentation für die Vorwahlkämpfe; klassische Death-by-PowerPoint-Folien mit überfüllten Textfolien, unübersichtlichen Diagrammen und einem viel zu aufdringlichen Folienhintergrund. Unklar bleibt, wie Plouffe es geschafft hat, seine offenbar erfolgreiche Botschaft dennoch in die Köpfe seiner Helfer zu bekommen.
Ich bin gespannt, wann hierzulande die ersten Kanzlerkandidaten ihre PowerPoint-Präsentationen auspacken.
Glauben Sie nicht? Wie würden Sie denn die Bühne gestalten, wenn Sie eine Konferenz organisieren müssten? Rücken Sie etwa die Vorträge in den Mittelpunkt und verzichten auf alles, was von den Vorträgen ablenken könnte? Was sollen denn da die Leute denken, schließlich organisieren Sie eine High-Tech-Veranstaltung. Da müssen Sie natürlich zeigen, dass Sie hip sind. Und die Medien sind ja schließlich auch da. Also: Inszenieren Sie eine Lightshow, bei der selbst Dieter Thomas Heck vor Neid erblasst, und lassen Sie diese während der Vorträge ständig laufen. So wird dem Publikum garantiert nicht langweilig (hypnotische Zustände allerdings nicht ausgeschlossen).
Klar, die Next-Web-Konferenz gibt sich insgesamt einen ziemlich poppigen Anstrich und vermarktet sich selbst als Show-Event. Aber während der Vorträge haben die Veranstalter den Bogen doch etwas überspannt. Bei der Verkündung von Länderpunkten mag solch eine Bühnendekoration ja vielleicht noch einen gewissen Reiz haben, während eines Vortrags aber sicher nicht. Wer sich das Ganze einmal anschauen möchte, folge einfach diesem Link.
Der Coca-Cola-Abfüller Coca-Cola-West aus Japan hat sich mit dieser (und natürlich den übrigen Folien) die Zitrone des Monats redlich verdient. Aber was genau ist eigentlich so schlecht an dieser Folie? Ich nutze die Gelegenheit einmal für einen weiteren Vorher-Nachher-Vergleich.
Folien sind dazu da, eine Präsentation optimal zu unterstützen und die wesentlichen Aussagen zu unterstreichen. Diese Folie ist jedoch so voll, dass man gar nicht weiß, wo man beginnen soll.
Es gibt drei wesentliche Elemente: eine Abbildung, die die Drei-Farben-Stratgie von Coca-Cola veranschaulicht, ein Diagramm, das die Veränderung des Ergebnisses zum Vorjahr zeigt, und eine Tabelle, die für jede der Farben Statistiken zeigt. Alle drei Elemente schreien durch ihre schrille Farbgebung nach Aufmerksamkeit. Was ist eigentlich das Wesentliche und was nur erklärende Zusatzinformation? Betrachten wir die drei Elemente im Einzelnen.
Die Abbildung
Eigentlich eine gute Idee, jedoch amateurhaft umgesetzt. Zu jeder Farbe der Drei-Farben-Strategie wird das Logo dargestellt und durch die entsprechende Farbe noch visuell unterstützt. Hier beginnt aber schon das Grauen. Die farbigen Boxen sind stümperhaft ausgerichtet. Die Logos überlappen und decken ihre farblichen Boxen nicht richtig ab. Außerdem ist unklar, welchen Zweck die Farbverläufe erfüllen, die zudem noch größtenteils hinter den Logos verschwinden. Unklar ist auch, warum die Schriften hier mit Schatten versehen sind, was die Lesbarkeit verschlechtert (und so nicht noch einmal verwendet wird). Auch die hässlichen weißen Streifen in der silbernen Box zeugen nicht gerade von Sorgfalt beim Design.
Die Tabelle
Die Tabelle gibt für jede der drei Farben drei Werte an, die Zielgruppe, den Umsatz im Jahr 2007 und die prozentuale Veränderung im Vergleich zum Vorjahr. Außerdem werden in der letzten Zeile die akkumulierten Werte für alle drei Farben genannt. Das größte Problem an der Tabelle ist die Spalte “target”, die hier, unter der Überschrift “Umsatz”, nämlich eigentlich nichts zu suchen hat. Viel besser würde die Information in den Kontext der Abbildung passen, um die Bedeutung der drei Farben zu erläutern. An dieser Stelle lenkt sie nur ab, denn sie alleine taugt auch nicht recht zu Erklärung der Umsätze.
Darüber hinaus ist es ungünstig, dass die Reihenfolge der Farbmarken eine andere ist, als in der Abbildung; das sorgt leicht für Verwirrung. Warum werden eigentlich die Farben hier nicht wiederverwendet? Nicht besonders glücklich ist auch die Wahl der Farbe rot für die erste Zeile. Auch das kann Verwirrung stiften, da rot ja eine der drei Markenfarben ist, hier aber in einem ganz anderen Kontext verwendet wird.
Das Diagramm
Das Balkendiagramm enthält im Wesentlichen drei Zahlen, wobei sich zwei davon schon aus der Tabelle ergeben. Die prozentuale Veränderung von 16% steht so bereits in der Tabelle (und ist daher redundant) und die absolute Veränderung ließe sich leicht aus der Tabelle ableiten, wenn sie denn wirklich relevant wäre. Im Grunde geht es in dem Diagramm aber nur um zwei Zahlen, nämlich den Vergleich des Wachstums in 2006 und 2007. Braucht man dafür wirklich ein eigenes Diagramm? Für zwei Zahlen? Und was soll eigentlich die Farbgebung symbolisieren? Hängt der rote Farbverlauf mit dem roten Farbverlauf der roten Kernmarke zusammen? Wohl nicht, denn hier handelt es sich um das akkumulierte Ergebnis aller drei Farben, wieder einmal Verwirrungspotential. Da hilft es auch nicht, dass die Verläufe jetzt horizontal anstatt vertikal sind.
Wie geht es besser?
Um es besser zu machen, muss zunächst einmal klar sein, was überhaupt die wesentliche Aussage sein soll. Da ich nicht in den Köpfen der Coca-Cola-West-Manager stecke, kann ich hier natürlich nur vermuten, dass es das Wachstum von 16% ist, insbesondere im Vergleich zum schlechten Ergebnis des Vorjahres. Die anderen Elemente dienen als Erklärung. Man muss also die Aufmerksamkeit auf die Zahl 16% lenken. Ein Diagramm ist hierfür überflüssig. Als Erklärung für die Veränderung kann dann die Aufschlüsselung auf die drei Farben dienen, dazu braucht man aber nicht unbedingt eine extra Tabelle. Da man nicht beliebig viel Information auf einer Folie unterbringen kann, habe ich mich entschieden, die prozentuale Veränderung der Farben und die absolute Veränderung der Gesamtmarke wegzulassen, schließlich gibt es ja noch ein Handout, in dem das ergänzend aufgeführt werden kann. Das Ergebnis könnte vielleicht so aussehen.
Der Betrachter wird visuell klar geführt und erkennt sofort, was die wichtigste Aussage ist und in welcher Folge die Folie zu lesen ist. Wem das zu spartanisch ist, der kann natürlich auch die übrigen Informationen auf seinen Folien unterbringen, aber muss es dann unbedingt auf einer Folie sein?
Der Jahreswechsel ist die Zeit der Rückschau und der Planung für das nächste Jahr. Das gilt natürlich auch für die Finanzplanung großer Konzerne. Eine wunderbare Gelegenheit, Investoren und Analysten einen positiven Eindruck vom eigenen Unternehmen zu geben und das Vertrauen in die Investition zu stärken, umso mehr wenn die Zahlen selbst bereits glänzen.
Wie man solch eine Gelegenheit aber auch richtig vergeigen kann, zeigt der Coca-Cola-Abfüller Coca-Cola West aus West-Japan mit seiner Präsentation der Ergebnisse für 2007.
Die Beispiele sehen nicht nur billig aus, sie sind auch offenbar mit wenig Sorgfalt vorbereitet worden. Das Layout ächzt an allen Ecken und Kanten durch Anfängerfehler (z.B. Überlappungen und Inkonsistenzen), auch Rechtschreibfehler schleichen sich ein (z.B. “Coca-Cole”). Das Foliendesign schreit einen geradezu an mit seinen schrillen Farben. Die unendlich vielen Farbverläufe wirken nicht nur verspielt, sondern wecken einen unseriösen Eindruck. Die Folien sind hoffnungslos überfüllt mit Details, so dass die Kernaussagen völlig im Rauschen untergehen. So geht es übrigens 75 Folien lang zu (fairerweise: bei Folie 50 beginnt das Referenzmaterial). Ein Leser des Blogs Presentation Zen schreibt dazu in den Kommentaren: “Seems that coca is still a major ingredient of their sugared beverages.”
Übrigens läuft auch der Einwand ins Leere, das Ganze müsse so ausführlich sein, weil es ja gleichzeitig als Handout für die Analysten dient. Erstens ist es ungeheuer mühsam, sich durch dieses unübersichtliche Material durchzuarbeiten und die wesentlichen Informationen oder gar die groben Trends herauszufiltern. Damit ist es als Handout genauso untauglich wie als Präsentationsmaterial. Außerdem gibt es für die vergangenen Jahre durchaus sehr ansehnliche “Annual Review“-Dokumente. Echte Dokumente, die alles besser machen als diese merkwürdigen Folien. Sie sind übersichtlich strukturiert, liefern klare Aussagen und sehen auch noch gut aus, z.B. dieses einfache Diagramm:
Technische Präsentation sind besonders anfällig für quälende PowerPoint-Vorträge. Wer schon einmal eine mehrtägige technische Konferenz besucht hat, kann davon sicher ein Lied singen. Der Kampf gegen das Einnicken ist häufig nicht zu gewinnen, wenn hoffnungslos unübersichtliche Diagramme, leere Worthülsen (“content enablement”) und fehlerhafte Programmdemos auf einen niederprasseln.
Bei der letztjährigen MEDC, Microsofts Konferenz für “mobile and embedded devices”, haben sich vier Microsoft-Mitarbeiter einen Spaß daraus gemacht, die gröbsten Fehler bei technischen Präsentationen in einem Video nachzustellen. Wenn man nicht wüsste, das es Spaß ist, man könnte es glatt für echt halten. So traurig ist das oft auf Konferenzen; und so gut haben die vier das nachgestellt.