Evolution des Redners

Zuerst geht es um’s Reden. Zu sagen, was ich weiß. So umfassend wie möglich erklären. Vollständigkeit. Kompetent wirken. Jedes Detail los werden.

Doch irgendwann die Erkenntnis: Das alles bringt nur etwas, wenn das Publikum es auch versteht. Können die das überhaupt alles verarbeiten? Wo muss ich sie abholen? Was wissen sie schon? Also: Küchenzuruf finden. Nicht nur logisch, sondern didaktisch sinnvoll strukturieren. Nach einfachen Erklärungen suchen. Verständnis schaffen statt bloß Wissen vermitteln.

Doch irgendwann die Frage: Warum sollte sich das Publikum eigentlich dafür interessieren? Wie hilft das, was ich zu sagen habe, dem Publikum weiter? Also: Kundennutzen suchen und herausstellen. Ganz deutlich machen, was das Publikum davon hat. Damit ich glänzen kann. Denn ich bin der Held, der diesen Nutzen auf dem Silbertablett serviert.

Doch am Ende die Erkenntnis: Es geht gar nicht um mich. Das Publikum steht im Mittelpunkt. Es geht nicht um die Frage, wie ich dem Publikum meine Worte so serviere, dass es sie kauft. Nicht um ihr Verständnis für mein Produkt, sondern um mein Verständnis für ihre Bedürfnisse. Nicht um mein Thema, sondern um ihres. Es geht darum, vom Publikum her zu denken.

Wir verstehen uns, oder?

Es ist Freitag Abend und bei Per und Greta herrscht mal wieder dicke Luft. “Musst du schon wieder mit den Jungs um die Häuser ziehen,” sagt Greta gereizt. “Jetzt reg dich mal nicht so auf,” gibt Per genervt zurück.

Was die beiden im Eifer des Gefechts nicht bemerken: Sie reden vollkommen aneinander vorbei. Denn was Greta eigentlich wirklich meint ist: “Neben Job, Haushalt und Kindern haben wir doch sowieso so wenig Zeit füreinander. Ich vermisse dich.” Was bei Per ankommt: “Ich gönne es dir nicht, dass du ohne mich Spaß hast.” Was Per hingegen mit seiner Antwort eigentlich wirklich meint ist: “Ich verstehe nicht, warum du mich kontrollieren willst.” Was bei Greta ankommt: “Deine Bedürfnisse sind mir egal”.

Meine Geschichte – Deine Geschichte

Kommt Ihnen so oder so ähnlich bekannt vor? Wann waren Sie das letzte Mal in einer Konfliktsituationen oder einem ganz einfachen Missverständnis mit Freunden oder Kollegen, über das Sie nachher gesagt haben: “Aber soooo habe ich das doch gar nicht gemeint”? Haben Sie bestimmt nicht. Das ändert aber nichts daran, dass Ihr Gegenüber Sie missverstanden hat. 

Der Regisseur Ned Benson erzählt in seinem neuen dreiteiligen Film “The Disappearance of Eleanor Rigby”, dass es nie nur eine Variante, eine “richtige” Version einer Geschichte gibt. Die Filme handeln von einem jungen Paar und erzählen wie es sich kennenlernt, ineinander verliebt, heiratet und eines Tages mit einem Schicksalsschlag konfrontiert wird, der dazu führt, dass sie verschwindet. Die Besonderheit daran: Benson drehte drei Versionen derselben Geschichte; eine Version aus der Perspektive des Protagonisten (“Him”), eine Version aus der Perspektive der Protagonistin (“Her”) und eine Version, die beide Perspektiven miteinander kombiniert (“Them”).

So wie diese Geschichte kann man jede Geschichte in genausovielen Varianten erzählen, wie Menschen an ihr beteiligt waren. Weil wir die Welt immer durch unsere ganz individuelle Brille betrachten. Geprägt werden wir dabei nicht durch unsere ganz persönlichen Voraussetzungen, Interessen und Emotionen. Auch unser Kulturkreis kann bedingen, wie wir kommunizieren, bzw. wie wir etwas verstehen. In Ihrem Blogartikel “How To Say “This Is Crap” In Different Cultures”  vergleicht Erin Meyer, eine Expertin für multikulturelle Kommunikation, wie Niederländer und Briten im beruflichen Kontext aneinander vorbeireden. Zum Beispiel, wenn der Brite sagt: “Ich würde vorschlagen, dass wir XYZ machen.” meint er: “Ich will, dass es so gemacht wird und wehe, wenn nicht”, während der Niederländer versteht: “Denk mal darüber nach und entscheide dich dafür, falls es dich überzeugt.” Der Konflikt ist vorprogrammiert.

Was heißt das jetzt für Ihre Präsentation?

Jeder Mensch sieht die Welt durch seine eigenen Augen und hört mit seinen eigenen Ohren. Soweit ist das nicht überraschend, man hat ja keine anderen. Aber man nimmt eine Situation mit weit mehr wahr als seinen Sinnesorganen: Eine Unzahl von Faktoren wie Stimmung, Kultur, Bildung oder Erfahrung beeinflussen unsere Wahrnehmung. Und daran können wir nichts ändern. So sind wir nun mal.

Was wir aber ändern können ist, wie sehr wir uns anstrengen, uns in die Position unseres Gegenübers hineinzuversetzen, um sicherzugehen, dass das, was wir meinen, auch so ankommt, wie wir es meinen. 

Präsentieren Sie nicht an Ihrem Publikum vorbei, weil nicht das ankommt, was Sie wirklich meinen. Sonst bleiben beim Publikum vielleicht statt Ihrer Botschaft hängen: “Der will sich wichtig machen” oder “Kann der mal zum Punkt kommen” oder “Warum sollte mich das jetzt interessieren?”.

Hören Sie nie auf, sich die Brille Ihrer Zuhörer aufzusetzen. Versetzen Sie sich in seine Situation, schauen Sie durch seine Augen. Werden Sie zum Publikumsversteher

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Warum bessere Präsentationen zu besseren Produkten führen

Für herausragende Präsentationen müssen Sie die Brille des Publikums aufsetzen – für herausragende Produkte ebenso.

Wer gute Produkte hat, braucht keine Werbung. Stimmt. Aber: Wer gute Werbung macht, macht bessere Produkte. Warum? Weil gute Werbung heißt, sich darüber klar zu werden, wie meine Produkte das Leben meiner Kunden berühren.

Besonders anschaulich wird das bei Präsentationen. Die meisten Präsentationen sind gähnend langweilig, weil sie bloße Aufzählungen von Stichpunkten sind. Die Produkte können hochspannend sein, aber vielen Vortragenden gelingt es nicht, diese Faszination zu transportieren. Was aber machen die herausragenden Präsentatoren besser? Wie schaffen sie es, das Publikum zu fesseln? Selbst bei technischen oder vermeintlich trockenen Themen?

Sie lassen das Publikum spüren, was das Produkt mit seinem Leben zu tun hat. Sie ziehen die Brille des Publikums auf, werden konkret, erzählen Geschichten, in das sich das Publikum hineindenken kann. Und sie stellen sich die Frage: „Warum investiert das Publikum Zeit, um mir zuzuhören?“ Und dann schaffen sie es, die Antwort auf diese Frage messerscharf auf den Punkt zu bringen und ihren Vortrag genau auf diesen Punkt zu fokussieren.

Und so zwingen sie sich, nicht nur nach dem technisch Möglichen, sondern nach dem Sinnvollen zu fragen.

Indem ich mich also durch gute Kommunikation zwinge, die Fragen zu beantworten, die meine Kunden an mein Produkt haben, verstehe ich meine Kunden besser und kann mein Produkt noch besser in die richtige Richtung entwickeln.

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Interessiert mich nicht die Bohne

Betriebsblindheit ist keine Ausrede Fragen Sie sich lieber: Was interessiert mein Publikum wirklich?

Eigentlich war es eine gescheite Idee: Digitale Fahrpläne in Bus und Bahn, die mir anzeigen, wo ich mich gerade befinde, wie die nächsten Haltestellen heißen und in wievielen Minuten ich dort ankomme. Weniger gescheit war jedoch die Idee, diese Anzeige flott noch zu einer betriebseigenen Werbefläche zu machen. Die Haltestellen werden einige Sekunden angezeigt, dann werden mir ausführlich Imagebilder der Stadtwerke Bonn präsentiert. Informationen, die mich dann, wenn ich dringend herausfinden will, wo ich eigentlich hin muss, herzlich wenig interessieren.

Von uns, für uns

Es zieht sich durch öffentliche Auftritte von Unternehmen, Organisationen oder Behörden gleichermaßen: Das “von uns, für uns”-Phänomen. Dabei steht nicht mehr der Informationsbedarf des Zielpublikums im Mittelpunkt. Nein, diese Medien wurden für den Chef, den Vorstand, die Kollegen oder ganz einfach sich selbst konzipiert.

Es zeigt sich in der überfrachteten Präsentation, in der es eigentlich darum geht, dem Vorgesetzten und den Kollegen mit vielen Worten, Zahlen und Schaubildern zu zeigen: Schaut her, das habe ich alles geschafft! 

Es zeigt sich im Internetauftritt, den Mitarbeiter erstellt haben, die so tief im eigenen Saft schmoren, dass sie nicht merken, dass niemand außer ihnen etwas mit den betriebsinternen Worthülsen anfangen kann. 

Und es zeigt sich in den mobilen Haltestellenanzeigen der Stadtwerke Bonn, in denen unbedingt noch die neue Imagekampagne Platz finden musste – einfach nur, weil es sie gibt und man stolz auf sie ist. Dass sie den Reisenden nicht die Bohne interessiert, bedenkt niemand.

“Von uns, für uns” eben.

Der Fluch des Wissens

Von einem gewissen Maß an Betriebsblindheit kann sich wohl niemand freisprechen, der mit Herzblut bei der Sache ist. Das ist der Fluch unseres eigenen Wissens, von dem wir uns nur schwer lösen können. Was aber an uns ist, ist das stete Bemühen, immer wieder in die Perspektive unseres Publikums zu schlüpfen und uns ganz ehrlich zu fragen “Und warum sollte das hier und jetzt jemanden interessieren?”

Leicht wird das nicht, seien Sie versichert. Es tut weh, erbarmungslos zu kürzen und rauszuschmeißen. Aber einer muss sich eben quälen: Entweder Sie oder Ihr Publikum.

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Für wen?

Jetzt mal ehrlich, für wen halten Sie eigentlich die Präsentation:

Für Ihren Chef? Bloß nichts vergessen. Wenn alles auf den Folien steht, kann mir am Ende auch niemand sagen, ich hätt’s nicht erwähnt.

Für Ihre Kollegen? Bloß keinen Fehler machen. Wenn ich so wie die anderen präsentiere, dann war ich es wenigstens nicht schuld, wenn’s nicht so gut ankommt.

Für sich selbst? Bloß keine Unsicherheit. Lieber von den Folien ablesen, dann verliere ich auch nicht den Faden. Und ich versteck mich mal lieber hinter dem Laptop.

Für die Tonne? Bloß nicht zu viel Zeit investieren. Ich such’ mir einfach ein paar Folien zusammen und druck’ sie gleich als Handout aus. Ist ja nicht so, als hätte ich nichts wichtigeres zu tun.

Wie wär’s, wenn Sie stattdessen für Ihr Publikum präsentieren?

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