Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum Sie eigentlich Folien für Ihre Vorträge erstellen? Ich bekomme darauf z.B. folgendes zu hören: „das ist bei uns so üblich“, „das macht jeder so“, „der Chef will es so“. Offenbar ist PowerPoint heute so verbreitet, dass Folien gar nicht mehr hinterfragt werden.
Der Auslöser meiner Frage ist eine Präsentation, auf die Timo Off von Geistesblitz mich aufmerksam gemacht hat. Die Präsentation dient Lehrern als Auftakt einer Unterrichtsreihe über die Antrittsrede von John F. Kennedy und ist auf der Webseite lehrer-online verfügbar. Es ist schon fast ironisch, dass diese uninspirierte Präsentation ausgerechnet Kennedys großartige Rede behandelt, der damals ja ganz ohne Folien auskam.
Wozu dienen die Folien dieses Lehrervortrags? Sie enthalten im Wesentlichen Faktenwissen, das den Schülern als sog. Vorentlastung mit auf den Weg gegeben werden soll, bevor sie Kennedys Rede anaylsieren. Aber unterstützen die Folien das in irgendeiner Weise?
Natürlich enthalten sie die relevanten Fakten; aber ein Mehrwert gegenüber einem Handout, das gemeinsam besprochen wird, oder gegenüber einem Tafelbild, das die Informationen in angemessenem Tempo entwickelt und das die Schüler in ihre Hefte übertragen, ist zumindest zweifelhaft. Solche Textfolien sind sogar häufig eher kontraproduktiv.
Die entscheidende Frage lautet denn auch: Ist es überhaupt nötig, den Inhalt dieser Folien in ein PowerPoint-Korsett zu pressen? Ich bin mir da nicht so sicher. Aber wenn man es denn unbedingt möchte, dann können Folien auf einer ganz anderen Ebene das Verständnis der Schüler stärken.
Mit reinen Fakten ist es kaum möglich, die emotionale Bedeutung von Kennedys Rede im Speziellen und den amerikanischen Antrittsreden im Allgemeinen zu veranschaulichen. Aber gerade das ist die Stärke von Folien: eine wirkungsvolle Bildersprache. Um zu zeigen, was möglich wäre, habe ich 4 Folien aus dem Vortrag radikal überarbeitet, dabei den Text fast völlig eliminiert und passende Bilder eingefügt. Wenn der Lehrer hierzu eine fesselnde Geschichte über die Bedrohungen und Unsicherheiten der damaligen Generation erzählt, dann kann er die Schüler darin unterstützen, ein Gefühl für die Tragweite von Kennedys Rede in ihrem historischen Kontext zu bekommen.
Genau dazu sind Folien nämlich da: das Verständnis der Zuhörer zu unterstützen und die Kernaussagen einprägsamer zu machen. Diese Antwort höre ich übrigens erstaunlich selten auf die Frage „Warum Folien?“
Links zu dem Thema:
Wie albern Kennedys Rede mit Folien wäre: 1, 2, 3, 4
Zahlen oder Bilder?