Mit der (wahrscheinlichen) Entdeckung des Higgs-Bosons ist wohl der entscheidende Nachweis der umfassendsten Theorie gelungen, die die moderne Physik zu bieten hat, dem sog. Standardmodell der Quantenphysik. Jahrzehntelang hatte man nach diesem Higgs-Boson gesucht. Zu Recht, denn solange dieses Elementarteilchen nicht gefunden ist, steht auch das Standardmodell der Quantenphysik auf wackligen Beinen.
Schlimmer noch: hätten die Experimente am Teilchenbeschleuniger gar gezeigt, dass das Higgs-Boson nicht existiert, stünde heute diese Theorie und wohl auch die Physik als Ganzes vor einem Neuanfang. Man kann also mit einigem Recht vermuten, dass die Entdeckung des Higgs-Bosons der bisher wichtigste Tag der Physik in diesem Jahrhundert war.
Was zieh’ ich nur an?
Und was machten die Physiker an diesem Tag? Sie präsentierten ihre Ergebnisse in Comic-Sans. Folgerichtig dauerte es nicht lange, bis das Internet eine Welle des Spotts über sie ergoss. Ausgerechnet Comic-Sans, die kindischste aller Schriften, hatten sie für ihre Präsentation gewählt.
Doch ganz so einfach sollten wir es uns nicht machen. Denn in gewisser Weise gilt wahrscheinlich in Sachen Higgs-Boson mehr als bei irgend einem anderen Thema: Content is king. Wer etwas zu sagen hat, der braucht sich über die Form wenig(er) Gedanken zu machen. Der Aha-Effekt überragt hier jeden noch so großen Wow-Effekt. Die CERN-Forscher hatten ganz sicher etwas zu sagen.
Kleider machen Leute
Und dennoch: Der Spott der Weltpresse zeigt, welch’ einmalige Chance hier vergeben wurde. Es wird nicht viele Gelegenheiten geben, bei der die Weltöffentlichkeit noch einmal so gebannt auf die Physik schaut. Hätte man das nicht nutzen müssen, um für die Physik auch als Fach zu werben, z.B. indem man zeigt, dass Physik etwas schönes ist? Dass man Physik auch verstehen kann? Dass es nicht nur die Heimat verrückter Wissenschaftler ist?
Stattdessen mussten wir Folien wie diese ertragen (komplette Präsentation hier), bei denen – ehrlich gesagt – die Wahl von Comic-Sans noch das geringste Übel ist. Wer soll das verstehen?
Dass es besser geht, zeigen die zahlreichen Videos, die es im Netz zu dem Thema gibt. Statt Spott wäre der Ruhm der CERN-Wissenschaftler noch um einiges größer gewesen, hätten sie selbst sich um eine verständlichere – vielleicht auch ansprechendere – Darstellung ihrer Ergebnisse bemüht. Es ist eben doch nicht nur das Sahnehäubchen, wenn man sich um eine verständliche Präsentation seiner Gedanken bemüht.
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