Ein Windows ohne Fensterbrüller

Eine große Leinwand macht nocht keine spannende Präsentation. Die Windows-8-Präsentation war langweilig.

Ein Unternehmen von der Größe Microsofts krempelt man nicht mal so eben um. Mit dem Start von Windows 8 versucht Microsoft aber genau das. Seit Jahresbeginn hat sich das Unternehmen ein komplett neues Erscheinungsbild gegeben, alle wichtigen Produkte im neuen Design neu aufgelegt und mittlerweile baut es gar Computer, die Surface-Tablets.

Mich beeindruckt, wie radikal Microsoft dabei vorgeht: Klare Linien statt kreisch-bunter Vista-Oberflächen. Anders als so mancher Konkurrent äffen sie dabei nicht einfach nach, was Apple vormacht. Sie entwickeln ihr Design und setzen es konsequent über alle Produkte um.

Ob das neue Windows etwas taugt, weiß ich (noch) nicht. Aber zur Präsentation kann ich etwas sagen. Und die war leider nicht so mutig wie die neuen Produkte.

Auch wenn sie erheblich größer daherkam, Microsofts Präsentation war eine typische (und das meine ich nicht im besten Sinne) PowerPoint-Präsentation: Bullet-Points, langweilige Dramaturgie und viel erklären, wenig zeigen. Der Reihe nach:

Eine Aufzählung ist eine Aufzählung ist eine …

Auch wenn sie sich viel Mühe mit ihrem Design geben, PowerPoint ist offenbar zu tief in Microsofts DNA verankert. Im Vergleich zu früher sind die Folien zwar schlichter, aber: eine Aufzählung ist eine Aufzählung ist eine Aufzählung ist … langweilig (dass sie die Punkte vor der Aufzählung weglassen, macht es auch nicht besser). Storys: Keine. Roter Faden: ja, aber Spannungsbogen: leider nein. Starke Bilder: Fehlanzeige. 

So entstehen keine Bilder im Kopf. Microsoft nennt zwar viele, viele Vorteile von Windows 8. Aber was das für mich bedeutet, muss ich mir schon selber überlegen. Vergleichen Sie mal, wie Microsoft die neue Tablet-Version von Windows präsentiert, und wie Amazons den Kindle präsentiert. Bei Microsoft: Aufzählung und Fakten. Bei Amazon: Starke Bilder und Alltags-Situationen, die auf einen Blick den Produktvorteil zeigen, statt ihn bloß zu sagen.

So entstehen keine Bilder im Kopf. Was „Windows experience on ARM“ bedeutet, muss ich mir z.B. selbst überlegen.

Show, don’t tell: Eine Folie aus der letzten Kindle-Präsentation von Amazon. Dieses Bild sagt braucht keine Worte und jeder kann sich in die Situation hineindenken.

Das Problem: Es gab keinen Fensterbrüller

»Fensterbrüller« ist ein anderes Wort für »Küchenzuruf« und den hat sich Microsoft offenbar nicht richtig überlegt. Vorteile zählen sie viele auf, allein: hängen bleiben sie bei mir nicht. Was soll ich meinem Nachbarn aus dem Fenster zubrüllen? Was meiner Frau in die Küche zurufen? Da ist sich Microsoft offenbar selbst nicht sicher. »Windows re-imagined« ist der schwache kleinste Nenner, den die Werbespots rufen. Vergleichen Sie das mal mit Apple. Die neuen MacBook Pros? Retina-Display. MacBook Air? Das dünnste Laptop der Welt.

Kein echter Fensterbrüller: „Windows re-imagined: from the chipset to the experience.“ Technisch und ohne Emotionen: so etwas erzäht man nicht weiter.

So sieht ein Fensterbrüller aus. Steve Jobs bei der Vorstellung des MacBook Air.

Wer seinen Küchenzuruf kennt, der findet die passenden Bilder. Steve Jobs zog damals das MacBook Air aus einem Briefumschlag. Die Botschaft: Das Gerät ist so dünn, es passt sogar in einen Umschlag. Doch Microsoft konnte sich nicht dazu durchringen, die eine entscheidende Botschaft auf den Punkt zu bringen. Und so bestätigt die Präsentation den Eindruck, den so mancher Test ergab: ambitioniert, vielversprechend, aber noch nicht am Ziel.

Ballmers Freud war groß

„You will absolutely not love Windows 8.“ Ein Freud’scher Fehler, der nicht passieren darf.

Ein echtes „Highlight“ gab es dennoch. Kurz vor Ende der Präsentation unterlief Microsofts Chef, Steve Ballmer, eine üble Freud’sche Fehlleistung, indem er sagte: »You will absolutely not love Windows 8«. Das sollte bei einer so wichtigen Präsentation nicht passieren.

Na gut, das sei ihm verziehen. Schlimmer finde ich ohnehin, dass anscheinend die guten alten Zeiten der Rampensau-Werbung vorbei sind. So wie dieses Windows-95-Promo-Video, das Microsoft seinerzeit an Händler verschickte. Oder dieser Spot mit Steve Ballmer zur Windows-XP-Einführung:

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Bullet Points statt Ideen

Gunter Dueck in der aktuellen brand eins:

Das Schlimme daran ist, dass wir beginnen, uns durch unsere Computerhörigkeit selbst zu programmieren. Besonders auffällig ist das im Management. Manager versuchen gar nicht mehr, ihre Zauberflöte [Anm.: die Oper] zu finden, sondern üben sich bestenfalls in gefälligen Variationen erlernter Beratergrundsätze. Computer können nur Programmiertes, Manager oft nur, was auf Powerpoint stehen kann.

Und das ist oft nicht viel. Ein paar Fakten sind schnell auf eine Folie getippt. Aber was sie bedeuten, darüber muss man sich Gedanken machen. Darüber muss man vielleicht auch mal diskutieren. Oder auch mal das ein oder andere ausprobieren. Das ist aber schwer. Bullet Points tippen und vorlesen ist einfach.

Es ist nach wie vor die Ausrede, die ich am häufigsten höre: „Das wird so erwartet.“ Und wird damit zur self-fulfilling prophecy.

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PowerPoint-Humor

„PowerPoint slides are like children: No matter how ugly they are, you’ll think they’re beautiful if they’re yours.“

Manchmal hilft einfach nur noch Humor. Das denke ich mir auch bei manchen Präsentationen. Denn was auf den Projektoren dieser Welt auch heute noch manchmal geboten wird, das ist schon schwer verdaulich. Nach vielen Mails auf den Indiana-Jones-Artikel der letzten Woche, habe ich auch noch einmal in meinen Archiven gekramt und einige Perlen der PowerPoint-Satire ausgegraben.

Diese Beispiele wären sicher nicht so lustig, wenn sie nicht – trotz ihres teilweise hohen Alters – so wahr wären.

Eine ganze Nation bewegen

Irgendwann reichte es Peter Norvig, heute Chef-Wissenschaftler bei Google. Nach einer ermüdenden PowerPoint-Präsentation zuviel, beschloss er etwas dagegen zu tun. Noch am selben Abend stellte er eine PowerPoint-Version von Lincolns berühmter Gettysburg-Rede online. Man glaubt es kaum, aber noch heute, 11 Jahre nach Veröffentlichung, trifft sie voll ins Schwarze.

Norvigs Gettysburg-BearbeitungNorvigs Gettysburg-Bearbeitung (2)

Dilbert

Natürlich leidet auch Dilbert in seiner bürokratisierten Unternehmenswelt unter PowerPoint. Beim PowerPointNinja findet man eine große Auswahl (ziemlich treffender) Dilbert-Comics zum Thema PowerPoint:

Dilbert: Was there any content?

Hähnchen-Wissenschaft

Einen Vortrag über Hänchen habe ich zwar noch nicht auf einer wissenschaftlichen Konferenz gesehen, aber irgendwie kommt mir das sehr vertraut vor (übrigens: hier gibt’s die Folien zum Download):

Ein Abschied in PowerPoint

Bissiger geht es kaum. Die amerikanische Satirezeitschrift The Onion erlaubte sich 2005 diese makabre Satire auf typische Unternehmenspräsentationen: Ein Abschiedsbrief in PowerPoint, sorgfältig im Corporate-Design mit Bullet-Points, die die wichtigsten Aussagen auf den Punkt bringen und Cliparts zur Veranschaulichung der Kernbotschaften (wer fühlt sich da nicht an Indy erinnert?). Hier zwei Beispiele:

The Onion AbschiedsbriefsatireThe Onion Abschiedsbriefsatire

Der Klassiker: Don McMillan

Wahrscheinlich haben die meisten schon einmal Don McMillans wundervolle PowerPoint-Parodie gesehen. Trotzdem immer wieder sehenswert – und immer noch wahr:

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Die 1-7-7-Regel für PowerPoint-Folien

Jahresbudgets sind eine praktische Sache. Sie fördern Eigenverantwortung, bringen das Geld dahin, wo es benötigt wird und bedarfsgerecht ausgegeben werden kann und geben allen Beteiligten Planungssicherheit. Nur: Sparsamkeit fördern sie nicht. Budgets neigen dazu, ausgegeben zu werden. Wer am Ende des Jahres noch Geld übrig hat, sorgt schleunigst dafür, es auch noch rechtzeitig auszugeben – die Furcht, im nächsten Jahr weniger zu bekommen, steckt allen im Nacken. Wer ein Budget hat, gibt also statt maximal eher mindestens so viel Geld aus wie erlaubt, und so wird aus einer Maximalregel eher eine sinnentstellte Minimalregel.

Die 1-7-7-Regel für PowerPoint-Folien ist auch so eine sinnentstellte Regel. Was vielleicht einmal gedacht war, um das allerschlimmste zu verhindern, nämlich von oben bis unten mit ganzen Sätzen voll geschrieben Folien, hat sich mittlerweile verselbständigt und findet sich in unzähligen Präsentationsratgebern als sinnvolles Maß für die Textmenge auf Folien. Aus einer Maximalempfehlung ist auf diese Weise eine sinnentstellte Minimalregel geworden:

Die 1-7-7-Regel für PowerPoint-Folien: Häufig empfohlene Regel für übersichtliche Folien: Immer nur ein Gedanke pro Folie, Sieben Punkte/Folie, sieben Wörter/Zeile. Diese Folie folgt der 1-7-7-Regel. Haben Sie schon einmal einen Vortrag gehört, der aus solchen Folien bestand? Wie fanden Sie denn das?

Das Problem: diese Regel ist schlicht unbrauchbar und in den meisten Fällen ein schlechter Rat. Der Präsentationsexperte Andrew Abela bezeichnet in seinem Buch Folien mit sieben Zeilen à sieben Wörtern gar als „die schlimmstmöglichen Folien“. Aber wo kommt diese Regel eigentlich her? Vermutlich geht sie zurück auf die Fehlinterpretation einer wissenschaftlichen Veröffentlichung des Psychologen George Miller aus dem Jahr 1956: The Magical Number Seven, Plus or Minus Two: Some Limits on Our Capacity for Processing Information. In dieser Studie zeigte Miller, dass es anscheinend eine Grenze von ca. 7 (±2) Elementen gibt, die unser Arbeitsgedächtnis aufnehmen kann, z.B. sieben Ziffern, Wörter usw. (mittlerweile gibt es hierzu detailliertere Untersuchungen).

Wie auch bei Mehrabians Körpersprache-Studie beruht jedoch auch hier die Übertragung der Studienergebnisse auf Präsentationen auf einem grandiosen Missverständnis. Millers Regel sagt – wie der Autor selbst schreibt – nichts, wirklich gar nichts aus „über die Fähigkeit einer Person, gedruckte Texte zu verstehen.“ Der bekannte amerikanische Informationsforscher Edward Tufte bringt das so auf den Punkt:

Millers Regel sagt nichts über die Menge an Informationen aus, die in einer Präsentation gezeigt werden sollen (solange die Folien nicht aus nonsense-Silben bestehen, die das Publikum sich merken und einem Psychologen aufsagen soll).

So weit so gut. Aber dass Millers Erkenntnisse nicht auf Präsentationen übertragbar sind, bedeutet ja noch nicht, dass die 1-7-7-Regel nicht vielleicht doch sinnvoll sein könnte.

Ist sie aber nicht, und zwar aus einem einfachen Grund: Der Mensch ist nicht besonders gut im Multitasking. Zwar können wir unterschiedliche Tätigkeiten gut parallel ausführen, z.B. können wir uns unterhalten, während wir spazieren gehen. Wir können auch Bilder betrachten und gleichzeitig einem Text zuhören, z.B. wenn wir einen Film ansehen. Diese Tätigkeiten benutzen aber jeweils unterschiedliche Kanäle in unserem Gehirn. Wir können aber nicht zwei Tätigkeiten in demselben Kanal gleichzeitig durchführen. Und genau das ist gefordert, wenn auf Folien viel Text steht. Das Publikum muss dann dem Vortragenden zuhören und gleichzeitig die Texte lesen, also zwei Tätigkeiten durchführen, die denselben Kanal verwenden.

Pasted Graphic

Der Biologe John Medina setzt in seinem Buch Brain Rules noch eins drauf: Menschen sind offenbar nicht in der Lage, überhaupt ihre Aufmerksamkeit verschiendenen Dingen gleichzeitig zuzuwenden. D.h. wenn wir Dinge gleichzeitig tun, dann tun wir nur eines davon bewusst, die anderen unbewusst. Medina bringt das auf den Punkt:

Um es ganz offen zu sagen: Die Wissenschaft zeigt, dass wir nicht multitaskingfähig sind. Wir sind biologisch unfähig, mehrere aufmerksamkeits-intensive Einflüsse gleichzeitig zu bearbeiten.

Das wichtigste Argument, das häufig für die 1-7-7-Regel genannt wird, nämlich dass die Stichpunkte eine prägnante Betonung der wichtigsten Inhalte einer Präsentation darstellen, ist damit völlig wertlos, weil das Publikum sie gar nicht angemessen verarbeiten kann. Das bedeutet dann wohl im Umkehrschluss, dass die einzige Möglichkeit, 1-7-7-Folien überhaupt sinnvoll einzusetzen, darin besteht, sie vorzulesen. Wer aber so etwas schon einmal erlebt hat, der wird sich mit ziemlicher Sicherheit an dieses Gefühl erinnern:

langweilig - über die 1-7-7-Regel eingeschlafen

Weitere Meldungen

Nach der Tagesschau habe ich mir auch noch einmal die beiden anderen großen Nachrichtensendungen, ZDF heute und RTL aktuell, angesehen. Die visuelle Aufbereitung der Nachrichten ist ganz ähnlich wie bei der Tagesschau: viele Bilder, wenig (geschriebener) Text.

Genau auf die Texte möchte ich hier aber noch einmal die Aufmerksamkeit lenken. Bei beiden Sendungen erkennt man nämlich sehr schön, was damit gemeint sein könnte, nur die wirklich wichtigen Punkte auf die „Folie“ zu schreiben. In den Sendungen vom 20. November 2008 enthält der Aufmacherbeitrag von ZDF heute genau vier Stichpunkte, bei RTL aktuell sind es genau fünf (abgesehen von Orts- und Namensangaben). Alle weiteren Informationen werden mündlich gegeben – und eben nicht nach der langweiligen 1-7-7-Regel auf die Folien geschrieben.

Bei der RTL-Sendung kann man übrigens auch sehr gut sehen, wie man ein Corporate-Design umsetzen kann, ohne dass das Bild in ein viel zu enges Korsett aus Logo, Überschrift, Datum, Name des Vortragenden etc. gepresst wird. Durch konsistente Farb- und Schriftwahl und konsequente Verwendung des gleichen Designs für gleiche Elemente erkennt man auf den ersten Blick, dass es sich um einen Beitrag aus RTL aktuell handelt.

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Der Stil des ZDF ist ein bisschen effekthaschericher und vielleicht schon etwas zu verspielt, aber das ist vielleicht auch Geschmackssache.

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Links zu dem Thema
ZDF-Mediathek mit Videoarchiv der heute-Sendung
Videoarchiv von RTL aktuell
… und jetzt zu den Nachrichten

… und jetzt zu den Nachrichten.

Eine der häufigsten Ausreden: „Mein Thema ist so trocken, das sind im Wesentlichen Fakten, Bilder gibt es da kaum, außerdem wirken zu viele Bilder unseriös. Ich muss also textlastige Bullet-Points verwenden.“

Aber wie machen das eigentlich die Nachrichten? Deren Aufgabe ist es doch auch, Informationen (die Ereignisse des Tages) seriös und zugleich verständlich und kompakt zu präsentieren. Der Vergleich von Nachrichtensendungen mit Präsenationen liegt durchaus nahe, gibt es doch in beiden Fällen einen Sprecher, der vor einer Projektionsfläche vorträgt. Nehmen wir als Beispiel die 20-Uhr-Ausgabe von gestern abend.

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Die Tagesschau verwendet für jedes Thema eine Folie, die aus einem Bild und einer Überschrift besteht. Letztere ist eine äußerst knappe Zusammenfassung des besprochenen Themas und reicht gerade aus, um die Ausführungen der Sprecherin in den richtigen Kontext zu setzen. Das ist übrigens nicht weit weg von Seth Godins Forderung nach maximal sechs Wörtern pro Folie.

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Ergänzende Informationen werden durch Filmeinspielungen geliefert, die das Thema visuell aufgreifen, hier z.B. durch einen Kuhstall sowie Bilder vom Gipfel der EU-Agrarminister und Einspielungen von Interviews. Abgesehen von der Überschrift und Namens- und Ortsangaben findet sich während der gesamten Sendung fast kein Text auf den Folien.

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Lediglich eine einzige Bullet-Point-Folie schleicht sich ein, die jedoch wirklich nur ganz ausgewählte Fakten enthält. Wie immer in den Nachrichten werden die Aufzählungspunkte passend zum gesprochenen Text nacheinander eingeblendet, so dass die Aufmerksamkeit auf jeweils einen Punkt gelenkt wird. Das ist ein sinnvoller Einsatz von Bullet-Points: sparsam dosiert und als Zusammenfassung weniger wichtiger Eckpunkte.

Offenbar taugt die Tagesschau nicht so recht als Ausrede, um informationslastige Vorträge als reines Ablesen von Aufzählungspunkten zu gestalten. Im Gegenteil sollte man sich vielleicht noch einmal genauer ansehen wie hier, aber auch in anderen TV-Sendungen, Informationen verpackt und präsentiert werden. Dümmer wird man dadurch ja auch nicht.

Links zu dem Thema
Videoarchiv der Tagesschau
Filmpräsentation
Spannende Geschichte

Zahlen oder Bilder?

Wenn Sie etwas wichtiges zu sagen haben, dann liegt Ihnen sicher viel daran, dass ihre Botschaft auch ankommt. Ihr Ziel haben Sie erreicht, wenn Ihre Zuhörer die Botschaft als Handlungsaufforderung verstehen, z.B. um für Ihre Hilfsorganisation zu spenden. Das wird Ihnen aber nur gelingen, wenn die Botschaft nicht nur für Sie sondern auch für Ihre Zuhörer zu einer Herzensangelegenheit wird. Viele Redner zitieren daher in solchen Situationen Statistiken, die das Ausmaß und die Wichtigkeit des Themas verdeutlichen, z.B. so:

Beispielfolie mit Statistiken zu

Das funktioniert hier aber nicht so recht. Natürlich erkennt man, dass Hunger ein großes Problem ist, aber echt betroffen ist man durch diese Folie nicht. Fakten alleine berühren uns normalerweise nicht besonders. Auch sind die genannten Zahlen reichlich abstrakt. Klar, sie sind furchtbar groß, aber wirklich greifbar sind sie nicht. Die einzige greifbare Zahl ist in der letzten Zeile versteckt: alle 5 Sekunden verhungert ein Kind. Das kann man sich vorstellen; deshalb sollte der Schwerpunkt auch auf diese Aussage gelegt werden. Wenn man einige der redundanten Zahlen weglässt und ein emotionales Bild hinzufügt, funktioniert die Folie schon besser:

Beispiel mit Bild und weniger Zahlen, neuer Titel

Aber irgendwie überzeugt das noch immer nicht so recht. Es ist nicht klar, worauf der Schwerpunkt des Arguments gelegt wird: 1 Milliarde Kinder in Armut, jedes fünfte Kind ohne sauberes Wasser oder 6 Millionen Kinder, die jährlich verhungern. Natürlich machen alle drei für sich genommen betroffen, aber eine größere Wirkung erzielt man häufig, wenn man sich auf eine Aussage konzentriert. Lässt man alles weg, was auf dieser Folie von der Kernbotschaft ablenkt, und verstärkt die Kernelemente, erhält man eine viel effektivere Folie:

Emotionales Beispiel mit großformatigem Foto eines Kindes und Kernaussage

Diese Folie ist eine wunderbare Plattform, auf der man eine emotionale Argumentation aufbauen kann. Die Statistiken, die wir aus der Folie gestrichen haben, können während des Vortrags genannt werden und erhalten durch die starke Kernaussage eine direkte Bedeutung. Die Handlungsaufforderung wird auch unmittelbar klar: Retten Sie ein Kind, indem Sie spenden! Sehr effektvoll ist es übrigens, wenn Sie während des Vortrags die 5 Sekunden noch anschaulicher machen, indem Sie z.B. für kurze Zeit alle 5 Sekunden mit den Fingern schnippen.

Links zu dem Thema:
Präsentationen von Chris Landry vom Sustainable Food Lab
Buchempfehlung: “Was bleibt” von Chip und Dan Heath, insbesondere Kapitel 5: “Emotional”

Wenn Designer Folien designen

Beispielfolie aus Kerrs Präsentation

Es spricht sich langsam herum, dass langweilige Präsentationsfolien kein Naturgesetz sind. Eine sehr interessante Art, Folien zu designen, hat Bernhard Kerr, Designer beim Internetdienst del.icio.us, bei seinem Vortrag auf dem Innovationsforum Interaktionsdesign im März vergangenen Jahres angewendet.

Kerr sprach über das Design von grafischen Benutzerschnittstellen für E-Mail-Programme und Bookmark-Webseiten. Seine Experimente dazu sind durchaus sehenswert, interessieren uns hier aber nur am Rande. Spannender ist das Folienlayout: extremer Blocksatz, der konsequent auf Großbuchstaben setzt und Zeilenzwischenräume fast vollständig eliminiert.

So könnte Kerrs Beispielfolie mit herkömmlichen Bullet Points aussehen

Das geht zwar ein wenig auf Kosten der Lesbarkeit, ermöglicht aber einige interessante Effekte. So ist etwa in dem Beispiel oben automatisch durch das Layout eine hierarchische Ordnung vorgegeben, indem die Listeninhalte unterschiedlich groß sind. Mit herkömmlichen Bullet Points wäre das erheblich undeutlicher.

Damit dieser Effekt funktioniert, müssen die Worte natürlich geschickt gewählt werden und die wichtigeren Aussagen mit weniger Zeichen ausgedrückt werden als die unwichtigen. Das beherrscht Kerr aber durchaus virtuos, etwa auch in den folgenden Beispielen, wo die Betonung ganz konsequent auf “tree”, “messages” und “arcs” liegt.

Sehr interessant ist auch der Wechsel zum zweiten Teil seines Vortrags, der schon rein optisch sofort klar wird. Kerr ändert nämlich sein Layout radikal, indem er nun konsequent klein und in einer Zeile schreibt.

Der zweite Teil in Kerrs Vortrag hat ein völlig anderes Layout

Das Video sollten Sie sich in jedem Fall einmal ansehen. Der Vortrag selbst hat sicher ein paar Schwächen, aber von der Foliengestaltung kann man einiges lernen. Zwar ist dieses spezielle Layout wohl nicht für jede Präsenationssituation geeignet, aber ich halte es für einen gelungenen Ansporn, einmal aus den PowerPoint-Vorlagen auszubrechen und etwas neues zu versuchen.

[gefunden bei information aesthetics]

7 Jahre „Really Bad PowerPoint“

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Seth Godin ist einer der gefragtesten Marketing-Gurus weltweit. Er ist Autor mehrerer Welt-Bestseller (u.a. „All Marketers Are Liars“ und das kürzlich erschienene „Meatball Sundae“), in denen er über die durch das Internet veränderte Marketingwelt schreibt. Seine Thesen dazu sind sicher lesenswert, aber nicht der Grund dieses Artikels.

Seth Godin ist nämlich außerdem ein außergewöhnlicher Redner, den man getrost als Pionier einer modernen Art von Präsentationen ansehen kann, die sehr stark auf Emotionen und Bilder setzt. Schon 2001 schrieb er das Essay “Really Bad Powerpoint“, in dem er die damals übliche Art, (PowerPoint-)Präsentationen zu halten, heftig kritisiert und einen radikal anderen Ansatz vorschlägt. Das Traurige daran: Noch heute, also 7 Jahre später, ist dieses Essay hochaktuell und für viele Präsentationen gilt seine Kritik unverändert.

Seth prangert vor allem an, dass viele Redner ihre Folien eher als Notizen verwenden, die sie während des Vortrags mehr oder weniger ablesen und anschließend auch als Handout verwenden. Das bedeutet aber letztlich, dass die Folien zu viel Text und Fakten enthalten anstatt durch überzeugende Abbildungen die Botschaft zu unterstützen. Solche Vorträge wecken keine Emotionen und sind daher ungeeignet, Ideen einprägsam zu vermitteln.

Seth beschreibt 5 Regeln für überzeugendere Präsentationen, von denen ich zwei herausgreifen möchte:

1. Niemals mehr als sechs Wörter auf einer Folie verwenden.
Wurm, der sich zu einer

Kommt Ihnen das vertraut vor? In diesem Artikel habe ich über eine Übung geschrieben, mit der man seine Kernaussage konkretisiert, indem man versucht, sie in höchstens sechs Wörter zu fassen. Indem Sie sich zwingen, das auch für jede Ihrer Folien zu tun, sorgen Sie dafür, dass die Folien nicht einfach (überflüssigerweise) Ihren gesprochenen Text wiederholen, sondern einprägsame Botschaften vermitteln, die das Verständnis unterstützen. Seth Godin formuliert das so:

“Verwenden Sie Folien, die Ihre Worte bekräftigen, und nicht bloß wiederholen.”

Zwar muss man diese Sechs-Wörter-Regel nicht unbedingt wörtlich nehmen, aber denken Sie doch einmal darüber nach, ob durch textlastige Folien wirklich das Verständnis der Zuhörer verbessert wird. Muss wirklich jeder gesprochene Inhalt eine direkte Entsprechung auf der Folie haben?

2. Keine billigen Bilder verwenden.

Zuallererst heißt das einmal: keine billigen Cliparts verwenden. Die Zeiten, in denen man mit Screen-Beans einen Blumentopf gewinnen konnte, sind beim besten Willen vorbei. Versuchen Sie, hochwertige Fotos oder Cliparts zu finden, die Ihre Botschaft optimal wiedergeben (eine sehr empfehlenswerte Quelle ist z.B. istockphoto.com).

Vergleichen Sie doch einmal die beiden folgenden Folien, die in einem Vortrag für ein neues Handy verwendet werden könnten:

Pasted Graphic 7 Pasted Graphic 8

Die linke Folie kommt Ihnen höchstwahrscheinlich sehr vertraut vor. Sie ist sehr textlastig und nur auf die Fakten konzentriert. Die verwendeten Cliparts, die zwar die Folie auflockern sollen, transportieren keine Botschaft und rufen eher ein Schmunzeln hervor.

Die rechte Folie dagegen formuliert eine glasklare Botschaft: “Wir haben ein Handy entwickelt, das einfach Spaß macht!” Das Foto verstärkt diese Aussage und wirkt unmittelbar sympatisch. Kurz: Es weckt Emotionen. Dazu Seth Godin:

“Logic is essential, but without emotions, you’re not playing with a full deck.”

Links zu diesem Thema:
Seth Godins Homepage
Essay “Really Bad Powerpoint
Garr Reynolds Blog “Presentation Zen” (der einen ganz ähnlichen Ansatz lehrt)

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Picture of Dr. Michael Gerharz

Dr. Michael Gerharz