Gliederungsfolien sind allgegenwärtig. Mir wurde während meiner Zeit an der Uni ständig erklärt, dass jede Präsentation mit einer Gliederung zu beginnen habe, damit der Zuhörer wisse, was auf ihn zukommt. Doch ist dazu wirklich eine Gliederungsfolie nötig? Nein.
Hier sind ein paar typische Beispiele, wie man sie zu Hunderten findet, wenn man bei Google z.B. nach “Gliederung filetype:ppt” sucht:
Beispiele typischer Gliederungsfolien
Was lernt der Zuhörer aus diesen Beispielen? Allenfalls, dass der Vortragende sich die Mühe gemacht, die Inhalte nicht einfach willkürlich anzuordnen. Doch wenig mehr. Die meisten Gliederungsfolien sind viel zu abstrakt, als dass sie eine sinnvolle Orientierung für die Zuhörer böten. Und weil das auch die Vortragenden merken, lassen sie sich dazu verleiten, den Vortrag im Schnelldurchlauf vorwegzunehmen, in einem Tempo und einem Abstraktionsgrad, die beide viel zu hoch sind. Schlimmer noch: Es ist für die Zuhörer das Signal: Jetzt kommt eine typische PowerPoint-Präsentation. Und was ist für PowerPoint-Präsentationen typisch? Dass sie langweilig sind. Also gehen die Zuhörer in den Modus „PowerPoint“ und driften gedanklich ab, holen ihr Smartphone heraus oder lesen die mitgebrachte Broschüre.
Das Problem bei allen Beispielen ist letztlich, dass sie dem Zuhörer zwar sagen was in dem Vortrag vorkommt, dieser jedoch zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht weiß, welche Relevanz das überhaupt hat.
Steve Jobs nutzte auf der diesjährigen Macworld-Keynote eine ganz andere Gliederungsfolie, als er das neue MacBook Air vorstellte (ab 54:24 min). Nach einer kurzen Motivation nennt Steve Jobs gleich die Botschaft, die er seinen Zuhörern vermitteln will (ab 55:04 min):
Gliederungsfolie von Steve Jobs
Damit wissen die Zuhörer, was auf sie zukommt: Das dünnste Notebook der Welt. Und mit dieser Information können sie entscheiden, ob es sich für sie lohnt, zuzuhören.
Hätte Jobs eine Gliederungsfolie wie oben verwendet, sähe sie vielleicht wie folgt aus. Das hätte dann den Inhalt der Präsentation ausführlicher wieder gegeben. Aber mehr Orientierung als die Originalfolie hätte es kaum gegeben:
Mögliche Gliederungsfolie für die Macworld-Keynote
Die klassischen Gliederungsfolien sind letztlich eher als Planungshilfe für den Vortragenden zu sehen, die aber in einer Präsentation selbst selten etwas zu suchen haben. Es dauert in der Regel viel zu lange, die Gliederung zu besprechen. Meist ist sie sowieso zu abstrakt, da den Zuhörern ja noch die Details für das Verständnis der Struktur fehlen. Und letztlich sollte der Erzählfluss und die Struktur einer Präsentation, die gut geplant ist, für das Publikum ohnehin implizit klar werden. (Oder wie oft haben Sie schon bei einem spannenden Film am Anfang die Gliederung vermisst?) Also auf den Punkt gebracht:
Die Gliederung ist etwas für den Vortragenden und nicht für den Zuhörer.
Mit Hilfe der Gliederung kann der Redner seinen Vortrag strukturieren. Er muss aber seinen Zuhörern nicht ständig einhämmern, was er als nächstes tut. Hat er seinen Vortrag überzeugend strukturiert, folgen die Zuhörer seiner Argumentation ganz von alleine.
Heißt das, man soll ganz darauf verzichten, den Zuhörern zu Beginn einer Vortrags zu skizzieren, was sie erwartet? Nein, aber sinnvoll sollte man es tun.
Die Zuhörer wollen sicher sein, dass sich die Reise lohnt, dass Ihre Zeit in diesem Vortrag sinnvoll investiert ist.
Wenn das mit einem Satz getan ist, warum dann mehr machen. Wenn Sie das Gefühl haben, Sie brauchen dafür eine ausführliche Gliederung, dann eben auch das. Entscheidend ist, dass Sie von den Bedürfnissen der Zuhörer ausgehen, nicht von Ihren eigenen.