Geschickte Verkäufer erzählen ihren Kunden nicht nur von ihren Produkten. Sie geben sie ihnen in die Hand und lassen sie sie anfassen. Warum? Indem wir etwas anfassen, bekommen wir ein Gefühl der Kontrolle über dieses Objekt und nehmen es gedanklich in Besitz, wenn auch nur für wenige Augenblicke. Und was uns gehört, werten wir automatisch auf. Das nennen Psychologen den “Endowment Effect” oder “Besitztumseffekt”. Er wurde in mehreren Studien bewiesen, die zeigten, dass Versuchspersonen den Objekten, die sie besitzen, einen sehr viel höheren Wert zuwiesen als diejenigen Personen, denen die Objekte nicht gehörten. Eine aktuelle Studie zeigt sogar, dass der subjektiv wahrgenommene Wert eines Produkts steigt, wenn Menschen nur das Bild eines Produktes auf dem Touchscreen ihres Tablets berühren.
Was bedeutet das nun für Ihre Präsentation?
Natürlich können Sie Ihrem Publikum nicht jedes Produkt und erst recht keine abstrakte Dienstleistung in die Hand geben. Aber Sie können das Publikum mitfühlen lassen, damit die Inbesitznahme im Kopf trotzdem stattfindet. Dafür müssen Sie es sozusagen “programmieren”.
Der Knoten im Kopf
Im letzten Jahr hatten wir einen Kunden, der seinem Publikum seine Dienstleistung als “Knotenlöser” vorstellen wollte, da sie Klarheit in ein verworrenes System bringt. Wir haben ihm geraten, im wahrsten Sinne des Wortes vor seinen Zuhörern einen Knoten zu lösen. Er hat also ein Stück Seil genommen und einen kleinen Trick angewandt, mit dessen Hilfe er erst einen kompliziert aussehenden Knoten geknüpft hat, den er dann mit einem festen Ruck an beiden Seiten auflösen konnte. Das hat auf sein Publikum sehr viel stärker gewirkt als eine reine Beschreibung. Während er das Seil zeigte, anfasste, sich durch die Finger gleiten liess, hat das Publikum mitgefühlt, mitgeknotet und am Ende die gleiche Erleichterung gespürt, als sich der Knoten löste. Dieses Gefühl hat sich dann automatisch auf die Lösung des abstrakten Problems übertragen, was zu einer Identifikation mit der Lösung in Form der angebotenen Dienstleistung führte.
Was der kann, kann ich auch!
Auch mit Worten können Sie diesen Effekt erzielen. Durch das Erzählen von Geschichten. Im Fall unseres Kunden Spitzmüller, einem Innovationsberater, haben wir eine Präsentation konzeptioniert, die beim Zuhörer ein “Das will ich auch”-Gefühl auslöste. Wir haben positive Kundenbeispiele aufgeführt, in denen sich Unternehmen mit Hilfe des Dienstleisters Spitzmüller erfolgreich um staatliche Innovationsförderung beworben haben. Die Zuhörer haben sich mit den Helden der Geschichten identifiziert und somit nicht nur deren Problemen, sondern auch die Auflösung der Situation (also die erfolgreiche Zuweisung von staatlichen Fördergeldern) verinnerlicht: Seine Situation ist meine Situation. Sein Problem ist mein Problem. Der ist so wie ich. Und was der kann, kann ich also auch! Also ist auch die Lösung des Problems wie für mich gemacht.
Und nein, diese vollkommene Konzentration auf die Bedürfnisse des Zuhörers ist nicht immer leicht. Auch als Vortragender sträuben wir uns davor, das loszulassen, was uns gehört: Unsere Idee, unsere Botschaft, unsere Lösung. Aber nur wenn Sie zulassen, dass diese Idee den Besitzer wechselt, indem Ihr Publikum sie sich zu eigen macht, können Sie wirklich überzeugen.
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Der Publikumsversteher