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Wo findet man gute Schriften?

Beispiele schlechter Schriftwahlen

Typografie ist die Kunst, Schrift so zu gestalten, dass ihr Erscheinungsbild mit dem Inhalt in optimalem Einklang steht. In diesen beiden Beispielen gelingt das offensichtlich nicht:

Solche Fehler lassen sich mit ein wenig gesundem Menschenverstand vermeiden und in der Regel findet sich in der Schriftsammlung auf dem eigenen Rechner eine Schrift, die zumindest recht ordentlich zum Thema passt (die beiden oberen Schriften vertauscht würden beispielsweise erheblich besser passen).

Manchmal hat man allerdings das Gefühl, dass unter all den Schriften die richtige noch nicht dabei ist. Dann (und nur dann) lohnt sich ein Blick über den Tellerrand des eigenen Computers hinaus in die heutzutage schier unerschöpfliche Welt der freien und kommerziellen Schriftarten. Wo aber findet man gute Schriften?

Gibt es ein Schriften-Schlaraffenland?

Freie Schriften gibt es wie Sand am Meer, Datenbanken mit tausenden kostenloser Schriften finden Sie z.B. hier, hier, hier, oder hier. Obwohl man dort natürlich durchaus einige Perlen entdecken kann, ist doch leider die weit überwiegende Zahl der angebotenen Schriften nicht empfehlenswert. Wer sich hier also gedankenlos bedient, der läuft Gefahr, viel Zeit mit der Suche vergeudet zu haben, um am Ende mit einem unansehnlichen und unprofessionellen Ergebnis, wie zum Beispiel diesem, dazustehen:

Aber was ist eigentlich schlecht an schlechten Schriften? Jenseits von ganz subjektiven Eindrücken gibt es durchaus einige handfeste Kriterien, an denen man die Qualität einer Schrift erkennen kann. Das Schriftbeispiel oben hat z.B. eine völlig unausgewogene Verteilung der Strichstärken. Die senkrechten Striche wirken viel zu fett, das kleine „r“ zu groß, das kleine „e“ zu klein usw.

Auch der Buchstabenabstand, in der Fachsprache „Kerning“ genannt, ist sehr unausgewogen. Noch deutlicher wird das im nächsten Beispiel. Mal sind die Zwischenräume zu groß, mal zu klein. Insgesamt wirkt das Schriftbild dadurch unruhig und unprofessionell.

unharmonisches Schriftbild

Dass das auch ganz anders geht, zeigen professionelle Schriften, bei denen ein erheblicher Teil der Entwicklung in die Feinjustierung des Kernings verwendet wird, damit das Schriftbild auch bei exotischen Wörtern noch ausgewogen wirkt. Dieser Aufwand ist übrigens einer der Gründe dafür, warum das Entwickeln einer guten Schrift sehr teuer ist.

Harmonisches Schriftbild

Darüberhinaus verfügen kostenlose Schriften meist nur über einen sehr beschränkten Zeichenumfang, deutsche Umlaute fehlen z.B. oft. Auch gibt es häufig keine Schriftvarianten wie fett oder kursiv. Gerade in Präsentationen kann es aber sinnvoll sein, zur Hervorhebung eine fette Variante zur Verfügung zu haben.

Ein bisschen Orientierung im Meer der Schriften

Wenn das vielleicht ein bisschen entmutigend klingt, so sollten Sie dennoch nicht verzagen: natürlich gibt es auch echte Perlen unter den kostenlosen Schriften (eine ganze Menge sogar). Nur ist es eben gar nicht so leicht, die auch auf Anhieb zu finden. Deshalb sollten Sie sich vielleicht auf das Urteil von Experten verlassen und glücklicherweise gibt es auch eine ganze Reihe von Design-Blogs, die sich intensiv mit dem Thema Schriftwahl beschäftigen. Drei davon möchte ich Ihnen besonders ans Herz legen:

Logo des Smashing Magazines

Das Smashing Magazine ist vielen Webdesignern erste Anlaufstelle für Inspirationen jeglicher Art. Auch zum Thema Schriften finden sich zahlreiche Artikel, die natürlich nicht nur für Webdesigner nützlich sind. Vor zwei Jahren stellte das Magazin eine schöne Liste von mehr als vierzig empfehlenswerten kostenlosen Schriften vor. In unregelmäßigen Abständen folgen seitdem Ergänzungen dazu, z.B. hier und hier. Alle Schriften-Artikel des Magazins finden Sie hier.

Logo von praegnanz.de

Sehr empfehlenswert sind auch die Essays des deutschen Webdesigners Gerrit van Aaken auf seiner Webseite praegnanz.de. In unregelmäßigen Abständen stellt er kostenlose Schriften vor und bespricht diese etwas ausführlicher als das Smashing Magazine. Die Essays sind unterhaltsam und lehrreich zugleich und liefern dazu einiges Hintergrundwissen zum „korrekten“ Umgang mit Schriften.

Logo von typefacts.de

Eine ausführliche, allerdings unkommentierte Liste mit nützlichen kostenlosen Schriften findet man auch in dem neuen Webmagazin typefacts.de. Daneben finden Sie in dem Magazin eine wachsende Zahl lesenswerter Artikel über die Grundlagen der Typografie mit einigen anschaulichen Übungen zum Selbermachen.

Logo von Myfonts.com

Bei dem Schriftvermarkter MyFonts finden Sie etliche kostenlose Schriften als Appetitanreger für die meist umfangreicheren kostenpflichtigen Versionen der Schriften. Die meisten Schriften können mit kleinen Textschnipseln ausprobiert werden. Zum Herunterladen der Schriften ist eine Registrierung erforderlich, die jedoch mit keinerlei Verpflichtungen verbunden ist. Durchaus lesenswert ist auch der MyFonts-Blog, der die kommerziellen Schriften-Neuerscheinungen bespricht.

Logo von FontSquirrel

Den Anspruch, die beste Adresse für hervorragende freie Schriften zu sein, erhebt die Webseite fontsquirrel für sich. Tatsächlich findet man dort eine ganze Reihe sehr nützlicher Schriften, die nach Kategorien wie serifen, serifenlos, kalligrafisch und weiteren sinnvoll sortiert sind und mit der Funktion „Test Drive“ ähnlich wie bei MyFonts mit kleinen Textausschnitten ausprobiert werden können.

Spezielle Schriften für spezielle Zwecke

Beispiel einer Pencil-Schrift

Wer eine spezielle Schrift für einen speziellen Einsatzzweck sucht, der muss nicht unbedingt die oben genannten Listen danach durchsuchen, denn es gibt eine Reihe nützlicher spezialisierter Übersichten. Der italienische Blogger Antonio Lupetti hat im vergangenen Jahr eine ganze Reihe thematisch sortierter Artikel mit empfehlenswerten kostenlosen Schriften veröffentlicht, u.a. finden Sie dort Schriften im Stile von Bleistift-Skizzen oder alten Schreibmaschinen.

Beispiel einer Handschrift

Besonders interessant fand ich die Liste der Handschriften, mit denen Sie Ihrer Präsentation einen etwas persönlicheren und dynamischeren Charakter geben können. Eine noch ausführlichere Liste mit Handschriften finden Sie hier. Noch persönlicher wird es, wenn Sie gleich Ihre eigene Handschrift digitalisieren lassen. Dazu gibt es mehrere Dienstleister mit unterschiedlichen Preisen, z.B. hier, hier oder hier. Die Qualität hängt dabei natürlich nicht nur von der Digitalisierung, sondern auch von Ihrer eigenen Handschrift ab!

Beispiel einer Grunge-Schrift

Wenn Sie eine etwas wuchtigere, vielleicht sogar etwas provokante Schrift suchen, dann sollten Sie sich bei den sog. Grunge-Schriften umsehen. Diese Schriften wirken meist etwas dreckig und sind nicht selten der Street-Art entlehnt. Hier oder hier werden Sie bestimmt fündig.

Beispiel einer Dingbats-Schrift

Im bittbox-Blog finden Sie zu guter Letzt eine Liste von 16 sog. Dingbats-Schriften, das sind Schriften, die nicht Buchstaben, sondern Symbole zeigen. So können Sie z.B. mit der äußerst nützlichen Geobats-Schrift sehr leicht die Umrisse der wichtigsten Staaten zeichnen.

Quellen der Weisheit

Wenn Sie sich intensiver mit dem Thema Schriften und Schriftgestaltung auseinandersetzen möchten, dann empfehle ich Ihnen in dieser Linkliste einige interessante Einstiegspunkte:

Sehr hilfsbereit sind die Mitglieder des deutschen TypoForums. Hier kann man jede Frage zum Thema Schriften stellen und bekommt kompetente Antworten. Interessante Rubriken sind z.B. Welche Schrift passt? oder Welche Schrift ist das?, aber auch andere. Eine Liste mit empfehlenswerten kostenlosen Schriften gibt es hier auch, die aber leider keine Schriftbeispiele enthält. Das englischsprachige Pendant, das sich aber deutlich mehr an Profis richtet, ist das Forum Typohile.

Buchcover von

Eine gute Einführung in Typografie und Schrift liefern die beiden Bücher ÜberSchrift von Erik Spiekermann und The Non-Designer’s Type Book von Robin Williams, deren hervorragendes Buch Design & Typografie ich bereits hier vorgestellt habe. Verständlich für den Laien führen beide Bücher die Grundlagen der Typografie ein und geben ein erstes Verständnis für die Geheimnisse der Schriftgestaltung.

Buchcover von Thinking with Type

Einen schönen Überblick über die wichtigsten Fachbegriffe der Schriftgestaltung liefert auch ein Wallpaper des isländischen Bloggers Sigurdur Armannsson. Jacob Class vom englischen Blog Just Creative Design hat eine Klassifikation der wichtigsten Schrifttypen in Form eines eBooks kostenlos für Abonnenten des RSS-Feeds erstellt. Eine spannende Seite ist auch die Webseite Thinking with Type zum gleichnamigen Buch von Ellen Lupton, die hier ebenfalls die Grundlagen der Typografie erläutert.

Cover der DVD

Sehr spannend ist auch der Film Helvetica, der die Geschichte der weltweit vielleicht am meisten genutzten professionellen Schrift Helvetica beschreibt, und dabei einige Einblicke in die professionelle Arbeit mit Schriften liefert.

Der vielleicht bekannteste Blog zum Thema Typografie ist der englischsprachige Blog i love typography, der regelmäßig über interessante Neuigkeiten und Fundstücke rund um das Thema Typografie berichtet. Das deutsche Blog blog.dersven.de bespricht neben anderen Designthemen häufig kostenlose Schriften.

Wem das auf Dauer nicht reicht, der findet in den jährlichen Bestenlisten des Webmagazins typographica interessante Einstigspunkte für hervorragende kommerzielle Schriften. Wer einen Eindruck gewinnen möchte, was mit modernen kommerziellen Schriften alles möglich ist, der sollte einmal einen Blick auf die neue Schrift Liza Pro der niederländischen Schriftentwickler Underware werfen, sehr beeindruckend.

Und wer sich jetzt so von gutem Schriftdesign hat anstecken lassen, dass er gleich seine eigene Schrift entwerfen möchte, der kann das auf der Webseite FontStruct kostenlos tun.

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Die vier Prinzipien professionellen Designs

Von Buchtiteln lernen

Ich kenne kaum PowerPoint-Unternehmensvorlagen, die brauchbar wären; und das liegt vor allem daran, dass sich die meisten Vorlagen selbst zu wichtig nehmen. Ohne jemandem zu nahe treten zu wollen, mache ich immer wieder diese Beobachtungen:

  • Formalismus steht zu oft über Funktionalität, z.B. „jede Folie braucht eine Überschrift“
  • die Vorlage ist voll mit Verzierungselementen, die keinerlei Funktion haben, und vom eigentlichen Inhalt ablenken
  • zu viele überflüssige Informationen, z.B. Datum, Ort, Dateiname, Abteilung usw.
  • und noch einiges mehr

Auf der anderen Seite haben Unternehmensvorlagen unbestreitbare Vorteile: einen hohen Wiedererkennungswert, eine visuelle Sprache, die (im Idealfall) mit den Werten und den Eigenschaften eines Unternehmens übereinstimmt und nicht zuletzt eine deutliche Erleichterung beim Erstellen von Präsentationen, weil sich nicht jeder Vortragende wieder aufs Neue selbst Gedanken über grundlegende Designentscheidungen wie Schrift oder Farben machen muss. Nur haben die meisten Vorlagen eben erhebliche Mängel (einige gute Beispiele finden Sie aber z.B. in Nancy Duartes hervorragendem Buch slide:ology).

Beispiele von Suhrkamp-Taschenbüchern

Als ich am Wochenende ein neues Buch aus dem Suhrkamp-Verlag aufschlug, fiel mir eine Werbebroschüre für die Taschenbuchreihe des Verlags in die Hände. Das Design dieser Reihe eignet sich ganz hervorragend, um etwas über Corporate Design, auch für Präsentationen, zu lernen. Der Suhrkamp-Verlag ist ein Pionier in der Gestaltung seiner Buchreihen und hat schon vor Jahrzehnten prägnante Profile für seine Buchreihen eingeführt (sehr bekannt sind z.B. die Regenbogenfarben der edition suhrkamp). Vor fünf Jahren hat der Verlag das Design seiner Taschenbuchreihe vollständig renoviert. Einige Bücher in dem Design sind rechts abgebildet.

Prinzipieller Aufbau eines Suhrkamp-Taschenbuch-Covers

Das Corporate-Design ist flexibel und sofort erkennbar zugleich. Es erlaubt eine gesunde Mischung aus Regeln und Freiheit, die dafür sorgt, dass der Inhalt im Vordergrund steht, die Zugehörigkeit zum Ganzen aber stets gewahrt bleibt. Die Regeln lauten in etwa so: viergeteiltes Cover, schmaler Streifen rechts, Logo im unteren Teil des Streifens an der Grenze zum oberen Teil, Schrift oben, Bild unten. Innerhalb dieser Regeln ergibt sich eine Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten, die ich im Folgenden nutzen möchte, um ein paar Anregungen und Tipps für die Gestaltung von Präsentationen zu geben.

1. Layout

Größenvariation der Bildmotive auf den Suhrkamp Taschenbüchern

Die Höhe des Bildbereichs ist variabel und legt die Aufteilung der vier Flächen fest. Dadurch kann das Motiv optimal auf den Buchtitel abgestimmt werden. Sehr plakativ gelingt das etwa bei dem Titel „Oben ist es still“, auf dem die Stille in der Luft förmlich sichtbar wird. Die übrigen festen Regeln geben den Büchern jedoch bei aller Freiheit eine übergreifende Zusammengehörigkeit.

Dominant ist in dem Design übrigens nicht das Logo des Verlags, sondern das Foto. An zweiter Stelle steht der Titel, erst danach das Logo. Erkennbar wird das Design also nicht dadurch, dass das Suhrkamp-Logo an prominenter Stelle prangt, sondern durch eine einheitliche Formensprache und der konsistenten Anordnung von Autor und Titel. Corporate Design ist eben mehr als nur ein Logo.

2. Farbe

Farbvariation auf Suhrkamp-Taschenbüchern

Die Farben der Suhrkamp-Taschenbücher sind weitgehend frei wählbar. Das erlaubt große Freiheiten in der emotionalen Ansprache, ein giftiges rot etwa für „Das böse Mädchen“, Blau- und Grautöne für Kälte usw. Wirkungsvoll ist hier gelegentlich, Farben aus den Fotomotiven im Umschlag aufzugreifen, eine Technik, die ich vor Kurzem an dieser Stelle erläutert habe.

Die farbliche Gestaltung nutzt Suhrkamp auch, um zusammenhängende Ausgaben zu gruppieren. So sind z.B. die Werke von Max Frisch (weitgehend) in blau gehalten, die von Thomas Bernhard in grün usw. In einer Präsentationsvorlage könnte man einen ähnlichen Effekt nutzen, um unterschiedliche Kapitel einer Präsentation visuell zu trennen oder unterschiedliche Farben unterschiedlichen Abteilungen zuzuordnen… Der Kreativität sind hier keine Grenzen gesetzt.

Zusammengehörigkeit durch ähnliche Farbgebung

3. Motiv

Die Bildelemente auf den Suhrkamp-Taschenbüchern sind normalerweise Fotos, (fast) nie Zeichnungen oder Collagen. Die Art der Fotos ist jedoch sehr unterschiedlich und ganz auf den Buchtitel abgestimmt. So finden sich Archivaufnahmen auf biographischen Werken, abstrakte Assoziationen des Titels wie bei „Ehrensache“, Verbildlichungen des Titels wie bei „Muschelstrand“, Fotos aus Verfilmungen („Das Leben der anderen“) oder Fotos der Autoren (z.B. von Thomas Bernhard). Immer haben die Fotos dabei den Sinn einer emotionalen Ansprache.

Unterschiedliche Bildmotive der Suhrkamp-Taschenbücher

4. Form

In einem starken Regelwerk kann man eine große Wirkung erzielen, wenn man die Regeln gelegentlich bewußt – aber äußerst sparsam – bricht. Suhrkamp tut dies zum Beispiel, indem gelegentlich einige Bildelemente über den Bildbereich hinausragen (z.B. auf „Der Schatten des Windes“). Dadurch erhalten die Titel eine räumlichere Wirkung. Hierbei hilft eine der wichtigsten Fähigkeiten eines Designers: Formen zu erkennen und geschickt zu nutzen. Ein gutes Beispiel dafür ist auch die Felskante des Titels „Menschenflug“. Diese ersetzt die Trennlinie zwischen Foto- und Titelbereich. Das Cover hebt sich dadurch von den anderen Büchern ab, ist aber dennoch als Teil der Suhrkamp-Reihe deutlich zu erkennen.

Für Präsentationen gilt ähnliches: Wer bewusst, dabei aber immer begründet, die Regeln (seiner Vorlage) übertritt, kann auf diese Weise eine große Wirkung erzielen. Wer andererseits unter diesem Argument glaubt, sich an gar keine Regeln halten zu müssen, der riskiert, dass seine Präsentation als ein lose zusammengewürfelter Haufen von Folien daherkommt – anstatt als sorgfältig entwickelte und zusammengehörige Story zu wirken.

Ausnahmen in der Umschlaggestaltung, Ausnutzung der Bildformen

5. Andere Verlage

Inspirationen gibt es überall. Und auch wenn Suhrkamp ein Vorreiter in der Gestaltung ganzer Buchreihen war, gehen andere Verlage nicht weniger geschickt vor. Noch prägnanter – weil noch konsequenter – sind sicher die Taschenbücher des Diogenes-Verlags. Nehmen Sie sich doch beim nächsten Besuch einer Buchhandlung einmal ein bisschen Zeit mit und schauen sich um, wie die Verlage Ihre Buchreihen visuell zusammenstellen. Achten Sie dabei auch darauf, wie sich die verschiedenen Genres deutlich in Ihrer visuellen Sprache unterscheiden, etwa Science-Fiction, Fantasy, Liebesromane, historische Romane, Krimis etc.

Inspirationen finden Sie natürlich auch in etlichen anderen Bereichen. Achten Sie doch einmal darauf, wie in Zeitschriften mit Formen, Farben, Schriften und Bildmotiven gearbeitet wird, um ein einheitliches und gleichzeitig flexibles Erscheinungsbild herzustellen. Oder gehen Sie einmal mit offenen Augen durch den Supermarkt und lassen den Auftritt großer Marken wie Maggi, Knorr, Kellogg’s etc. auf sich wirken. Nicht alles davon ist auf Ihre nächsten Präsentationen übertragbar, aber vielleicht mehr, als Sie bis jetzt dachten.

Links zu dem Artikel
The Book Design Review, Blog über das Design von Büchern, besonders interessant: Favorite Book Covers of 2008
Begutachtung von Corporate Designs im jüngst mit dem Grimme-Online-Award augezeichneten Design Tagebuch
Älterer Artikel über Corporate Design in meinem Blog

In den Köpfen bleiben

Handout

Wenn Sie eine Präsentation halten, dann möchten Sie in die Köpfe Ihrer Zuhörer hinein und dort möglichst lange bleiben. Nach einem guten Vortrag hilft dabei natürlich auch ein tolles Handout. Wenn ihr Handout nämlich so gestaltet ist, dass Ihr Publikum es oft und gerne noch einmal ansieht, dann erfüllt es diesen Zweck optimal.

Hervorragend gelöst hat diese Herausforderung der Designer Mike Kus, der nach seinem Vortrag auf der Konferenz The Future of Web Design dieses beeindruckende Handout verteilt hat. Das Handout hat Kus passend zu seinem Foliendesign als Poster im DINA1(!)-Format entworfen und für alle Zuhörer in voller Größe ausgedruckt. Ich würde mich nicht wundern, wenn es jetzt viele Bürowände schmückt. Ich hätte es mir mit Sicherheit aufgehängt. Er selbst sagt selbstbewusst: „Dieses Poster macht sich an jeder Bürowand gut.“

Zum Erinnerungseffekt trägt bei dem Poster natürlich wesentlich bei, dass das Design eine direkte Umsetzung des Foliendesigns ist (s.u.). Hilfreich ist aber auch, dass sich das Poster neben der prägnanten Überschrift auf die vier wichtigsten Aspekte der Präsentation beschränkt und diese jeweils ganz knapp auf den Punkt bringt. Kus verzichtet bewusst darauf, jeden einzelnen Teilaspekt des Vortrags in das Handout aufzunehmen, und steigert so im Zusammenspiel mit dem Design die Prägnanz und Einprägsamkeit enorm.

Übrigens sind die Folien an sich auch schon wirklich sehenswert. Sehr mutig im Design hat Kus einen ganz eigenen Stil. Er arbeitet sehr stark mit typografischen Effekten, indem er mit den Buchstabenformen und der Gestaltung der Schrift spielt. Wie Kus die Buchstaben der heute ja oft als langweilig bezeichneten Helvetica zum Leben erweckt, ist schon beeindruckend. Kus hat glücklicherweise die Folien auf slideshare bereitgestellt – unbedingt ansehen:

Der Vortrag selbst steht übrigens auch als Video zur Verfügung, kann allerdings leider nicht ganz mit den schönen Folien und dem beeindruckendem Handout mithalten. Eine Menge gäbe es z.B. an der Struktur und den Übergängen zu verbessern. Am meisten sollte Kus allerdings an seinem Auftreten arbeiten. Das ist doch ein arger Kontrast zu den Fähigkeiten der drei Herren aus meinem letzten Beitrag.

Welche beeindruckenden Handouts haben Sie schon einmal gesehen – oder gar selbst verteilt? Erzählen Sie es mir in den Kommentaren.

Links zu dem Artikel
Bill Gates schenkt nach seinem TED-Vortrag jedem Teilnehmer ein Exemplar des Buches Work Hard, Be Nice
Garr Reynolds verschenkt als Anreiz für Fragen am Ende seiner Google-Präsentation einige Exemplare seines Presentation-Zen-Buches

Wie sieht Sprache aus?

Typography is what language looks like

Typografie ist die Kunst, Schrift so zu gestalten, dass ihr Erscheinungsbild mit dem Inhalt in optimalem Einklang steht. Wenn Sie z.B. Folien gestalten, die die Botschaft Ihres Vortrags optimal unterstützen sollen, dann hilft Ihnen ein Grundverständnis der Typografie dabei, sich aus den Fesseln der allgegenwärtigen Arial- und Times-New-Roman-Langeweile zu befreien und aussagekräftigere Folien zu gestalten, die das Wesentliche betonen.

Einige Anregungen, was mit bewusstem Einsatz von Schrift alles möglich ist, möchte ich Ihnen in Form einiger Video-Tipps geben, in denen ausnahmsweise einmal die Schrift die Hauptrolle spielt, die gerade dadurch aber eine erstaunliche Faszination ausüben.

Das erste Video dreht sich um den Begriff der Typografie selbst und schafft es tatsächlich, die ganze Welt der Typografie in 1:30min zu beschreiben. Diese Art der Schriftanimation nennt man auch „Motion Typography“ oder „Kinetic Typography“.

Die folgenden beiden Videos basieren auf Ausschnitten des Films Im Auftrag des Teufels und eines Sketches des amerikanischen Komikerpaares Abbot & Costello. Die gesprochenen Worte werden auf rasante Art animiert, die einen geradezu an die Worte fesselt.

Vor gut 20 Jahren stellte Prince mit dem Video zu seiner Single Sign ’o‘ the times das erste auf diese Motion-Typography-Weise animierte Musikvideo vor. Sehr sehenswert sind auch diese beiden Videos:

Dieses Video über die amerikanische Außenpolitik macht regen Gebrauch von animierter Sprache und bildhafter Symbolik (über den Inhalt bilden Sie sich aber bitte Ihre eigene Meinung):

Zum Abschluss noch ein Kreativideo zur Schriftart Trebuchet:

Weitere sehenswerte Animationen:
Eine Szene aus dem Film Pulp Fiction.
Musikvideo Are You Gonna Be My Girl?.
Kurzfilm Live Out Loud.

Webseiten zum Thema Typografie:
Typografie.info – Eine Online-Enzyklopädie zum Thema Typografie in Form eines Wikis
typographisches.de – Wissenswertes zum Thema Typografie
fontblog – Deutscher Blog rund um das Thema Schriften
i love typography – Beliebter englischsprachiger Typografie-Blog, sehr schön anzusehen

Weitere Links:
Typography School – Sehr sehenswertes Video über traditionelles Buchstabensetzen
The Machine That Made Us – Beeindruckende Dokumentation über die erste Druckmaschine von Gutenberg
Comic Sans saves the font world – Amüsantes Video, in dem „Comic-Sans-Superman“ die Welt rettet
Design & Typografie – Buchempfehlung mit ganz elementarer Einführung in Typografie

Design für Nicht-Designer

Buchcover: Robin Williams – Design und Typografie

Jeder ist ein Designer, zumindest wenn er schon einmal einen Flyer, eine Visitenkarte, eine Einladung, einen Bericht, Folien für einen Vortrag oder was auch immer entworfen hat. Die meisten verlassen sich dabei jedoch auf ihr Bauchgefühl und haben eine eher vage Vorstellung von „das sieht gut aus“ oder „das sieht nicht gut aus“. Das wird sich ändern, wenn Sie „Design & Typografie“ von Robin Williams lesen.

Die Kernaussage des hervorragenden Buches lautet: Design ist einfach und jeder – wirklich jeder – kann wirkungsvolle, optisch ansprechende Designs entwerfen. Und tatsächlich, während man das Buch liest, fühlt man sich, als könne man gleich loslegen mit der Designer-Karriere. Der Autorin gelingt es, in sehr einfacher Sprache die wichtigsten Grundsätze professionellen Designs zu erläutern und anhand anschaulicher, weil alltäglicher Beispiele verständlich zu machen. Durch die zahlreichen Beispiele erhält man zugleich viele Anregungen, wie man die Empfehlungen für die eigene Arbeit nutzen kann.

Im Wesentlichen reduziert Robin Williams erfolgreiches Design auf vier Grundprinzipien: Nähe, Ausrichtung, Wiederholung und Kontrast, die sie ausführlich erläutert. Daneben gibt es einen kleinen Exkurs in die Typografie, um Schriften bewusster und zielgerichteter auswählen und einsetzen zu können. Zahlreiche kleinere und größere Tricks und Kniffe runden das Buch ab. Ein Ratschlag bleibt dabei in besonderer Erinnerung: Sei kein Frosch, sei mutig!

Natürlich werden Sie nicht über Nacht zum Profi-Designer, nur weil Sie dieses Buch gelesen haben. Aber Sie werden die Welt mit anderen Augen betrachten, weil Sie verstehen und benennen können, was Sie täglich sehen; in Zeitschriften, auf Plakaten, auf Folien usw. Wenn Sie dieses Buch gelesen haben, werden Sie in der Lage sein zu sagen: „das sieht gut aus, weil…“ oder „das sieht nicht gut aus, weil…“ Das wichtigste dabei: Sie können das auch über Ihre eigenen Entwürfe sagen. Und wenn Sie einmal begonnen haben, durch diese Brille zu schauen, werden Sie kaum einen Weg zurückfinden, sondern nach mehr verlangen. Einen besseren Einstieg als dieses Buch werden Sie schwer finden.

Übrigens: Das Buch ist die Übersetzung der dritten Auflage des englischen Bestsellers „The Non-Designer’s Design Book“, das nun erstmals in Farbe erschienen ist.

Links zu dem Buch:
Leseprobe auf der Webseite des Verlags
Homepage von Robin Williams

Karriereratgeber zweimal anders

Buchcover von Daniel Pinks Buch

Ein Businessbuch als Manga-Comic? Daniel Pink, amerikanischer Bestseller-Autor, hat seinen neuesten Karriereratgeber „The Adventures of Johnny Bunko“ in Form eines Manga-Comics veröffentlicht. Das ist eine willkommene Abwechslung in diesem ansonsten so bedeutungsschwer mit Motivationsrhetorik gepflasterten Gebiet. Sechs sinnvolle Ratschläge zur Karriereplanung werden hier äußerst anschaulich präsentiert. Das Buch macht Spaß zu lesen, man lernt etwas dabei und in einer knappen Stunde ist man durch.

Wem selbst das zu viel ist, der sollte einmal einen Blick auf die Zusammenfassung von Garr Reynolds werfen (alle anderen übrigens auch). Wie immer bei Reynolds treffen die Bilder absolut ins Schwarze. Schon das alleine verführt zum weiterklicken. Sehenswert ist aber darüber hinaus insbesondere:

Karikatur von Garr Reynolds, die er in seinen Präsentationen verwendet
  • Die konsequente Verwendung einer Comic-Zeichnung seiner selbst, die die gesamte Präsentation auflockert und zum Manga-Charakter des Buches passt.
  • Der virtuose Einsatz von Schriftvariationen in Farbe, Größe und Schriftart, die nicht pure Dekoration sind, sondern einen ganz klaren Zweck erfüllen.
  • Die glasklare Strukturierung des Vortrags durch konsistentes, kontrastreiches Layout und den cleveren Einsatz der beiden vorigen Punkte.

Den Foliensatz hat Reynolds auf Slideshare veröffentlicht, einer Webseite zum (öffentlichen) Austausch von PowerPoint-Folien. Viel Spaß mit zwei ungewöhnlichen Karriereratgebern als Buch oder Folien.

Lästern kann jeder

Daumen runter, Daumen hoch

Lästern kann jeder. Aber wenn’s um’s besser machen geht, darf man dann auch nicht kneifen. Tu’ ich auch nicht.

Nachdem ich kein gutes Haar an Dr. Chatzimarkakis Präsentation auf dem CeBIT-RFID-Forum gelassen habe, möchte ich in diesem Artikel zeigen, wie man es besser machen kann.

Ich beschränke mich aber auf einen Aspekt seines Vortrags, statt den gesamten Vortrag zu besprechen – schließlich wollen wir uns ja auf das Wesentliche konzentrieren. Dazu greife ich mir den Mittelteil des Vortrags heraus, in dem es um eine Workshop-Reihe geht, die die EU zur Meinungsfindung nutzen möchte, um ihre Entscheidungen zum RFID-Thema vorzubereiten. Ich schlage vor, Sie lesen die entsprechenden Folien einmal zügig durch und überlegen dann, ohne erneut auf die Folien zu schauen, was bei Ihnen hängen geblieben ist.

Beispielfolie 1Beispielfolie 2Beispielfolie 3Beispielfolie 4Beispielfolie 5Beispielfolie 6

Was sind eigentlich die wesentlichen Aussagen auf den Folien? Offenbar gibt es fünf Workshops, die sich mit verschiedenen Aspekten des RFID-Themas beschäftigen sollen. Die Workshops legen einen Bericht vor, der in die Beschlüsse zum europäischen Forschungsförderprogramm einfließt (dem framework programme 7, FP7). Das zumindest sollten Sie behalten haben. Idealerweise kennen Sie noch die Kernthemen der Workshops, denn damit haben Sie einen guten Überblick über die Tragweite des RFID-Themas.

Diese Informationen kann man im Prinzip sogar mit einer einzigen Folie transportieren, die vielleicht so aussehen könnte (wie viel behalten Sie nun?):

workshop series

Um zu dieser Folie zu gelangen, habe ich folgendes getan:

  1. Der ursprüngliche Folienhintergrund lenkt vom Text ab, er ist viel zu unruhig und vermindert den Kontrast. Der sehr kleine Text ist dadurch schlechter zu lesen. Ich habe den Hintergrund gelöscht und durch einen dezenten einfarbigen Hintergrund ersetzt, der einen guten Kontrast zum Vordergrund erlaubt und sich nicht selbst in den Vordergrund drängt.
  2. Die wesentliche Information ist in sehr großer Schrift hervorgehoben. Es ist sofort sichtbar, dass es eine Workshop-Reihe geben wird.
  3. Die langweilige Arial-Schrift habe ich durch die plakativere und modernere Haettenschweiler ersetzt. Das passt auch stilistisch besser zu dem Technologie-Thema RFID.
  4. Der ursprüngliche Text ist vollständig von der Folie verschwunden. Die wesentlichen Punkte, die beim Zuhörer hängen bleiben soll, sind aufgeführt, mehr nicht. Alle weiteren (nicht so wichtigen) Details können mündlich gegeben werden, oder auf weiteren Folien besprochen werden (s.u.).
  5. Den fünf Workshops habe ich je ein sprechendes Icon zugeordnet, damit die jeweilige Thematik auch visuell verstanden wird. Die Icons stammen von iStockphoto (verwenden Sie keine billigen Standardcliparts).
  6. Die Titel der Workshops habe ich auf ein einprägsames Schlagwort reduziert.

Um die Informationen noch besser einzuprägen, kann man zusätzlich je eine Folie zu den fünf Workshops spendieren. Das hat Dr. Chatzimarkakis auch gemacht, doch unterstützen seine Folien durch ihre Informationsfülle nicht die Einprägsamkeit seiner Worte. Besser wäre es vielleicht so:

applicationsresearchprivacystandardsspectrumZusammenfassung

In der ursprünglichen Version wurden auf jeder Folie sehr viele Informationen verpackt, die die Zuhörer ohnehin nicht behalten können, und die daher vom Wesentlichen ablenken. Stattdessen habe ich folgendes getan:

  1. Icon und Schlagwort von der Übersichtsfolie werden sehr groß platziert.
  2. Das Icon dient als visuelle Erinnerungshilfe.
  3. Das Schlagwort gibt den Kern des Workshop-Themas wieder. Den genauen Titel kann man mündlich geben und im übrigen auf Unterlagen verweisen.
  4. Statt vieler Details wird zu jedem Workshop eine Kernaussage auf die Folie geschrieben, um dem Schlagwort eine konkretere Bedeutung zu geben. Diese dient jedoch nur als Gedankenstütze und kann daher entsprechend klein gedruckt werden (sollte aber mit immer noch 26pt auch aus größerer Entfernung noch gut lesbar bleiben). Als Schriftart habe ich Helvetica Neue, fein, verwendet.
  5. Die letzte Folie fasst das Gesagte noch einmal zusammen und gibt einige Daten als Zusatzinformation.

Alle weiteren Informationen können problemlos mündlich gegeben werden, während die Zuhörer mit den plakativen Folien eine gute Gedankenstütze erhalten, mit denen Sie das Gesprochene verknüpfen können. Die Folien lenken nicht vom Gesprochenen ab, sondern unterstützen optimal das Verständnis. Die Icons veranschaulichen das Thema des Workshops zusätzlich, sodass nicht nur Text, sondern auch visuelle Information im Gedächtnis bleibt.

Natürlich bietet es sich an, einen Flyer für die Workshop-Reihe dabei zu haben, der weitere Informationen enthält. Diese können dann durchaus ausführlicher sein und auch über das Gesagte hinausgehen. Die Zuhörer nehmen dann gleich zwei Dinge mit nach Hause. Die Erinnerung an einen interessanten Vortrag und eine gedruckte Information, zu der Sie durch den Vortrag die richtigen Assoziationen haben.

Zum Abschluss noch einmal die Frage: wenn Sie sich die beiden Foliensätze noch einmal ansehen, welcher vermittelt die Informationen einprägsamer?

Natürlich sind meine Vorschläge nicht die einzige Möglichkeit, die Folien zu verbessern, es gäbe unzählige weitere (und sicher auch noch bessere). Die Vorschläge machen aber anschaulich, was schon mit wenig Aufwand möglich ist, ich habe keine 20 Minuten dafür benötigt.

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Dr. Michael Gerharz

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