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Der Platz für die technischen Details

Benedict Evans bemerkt über die Verkaufsargumente für die Apple Watch auf Twitter:

With the iPhone, Apple stopped talking about RAM & clock speed. With the watch, it doesn’t mention specs at all. The end of feeds and speeds

Der Platz der technischen Details ist zuallererst in der Entwicklung. Wie viel Speicher braucht die Uhr, damit der Nutzer sich keine Gedanken darum machen muss? Wie viel Strom wird verbraucht, um einmal die Uhrzeit anzuzeigen? Mit solchen Fragen sollen sich die Entwickler so lange wie nötig herumschlagen, damit der Kunde es nicht muss. In die Präsentation gehören diese Details nur dann, wenn sie nötig sind, um Zusammenhänge zu verstehen.

Verkaufsfaktoren für die Apple-Watch sind die beiden Fragen »Sieht sie gut aus?« und »Was kann ich damit machen?«. Gigabyte und Megahertz beantworten diese Fragen nicht. In technische Details abzutauchen ist zwar einfach, weswegen es gerade in Präsentationen die häufigste Art der Informationsvermittlung ist. Aber es überlässt den schweren Teil der Präsentation – die Antwort auf die Frage »Na und?« – dem Kunden.

Wolf Schneider sagte einmal: »Einer muss sich quälen, der Leser oder der Schreiber.« Je mehr Sie sich quälen, erst mit den technischen Details, um das bestmögliche Produkt zu entwickeln, dann, um die technischen Details wieder los zu werden für eine bestmögliche Präsentation, desto überzeugender werden Ihr Produkt und Ihre Präsentation.

Der Publikumsversteher

Als ich 12 Jahre alt war, habe ich mich unsterblich verliebt. Er kam aus gutem Haus, war gebildet, romantisch und sah verdammt gut aus. Er war: Romeo in Baz Luhrmanns Romeo und Julia. Ich habe ihm ziemlich lange die Treue gehalten. Bis Titanic passierte. Und auf einmal alle Mädels verliebt in Leondardo diCaprio waren. Da wollte ich ihn nicht mehr. Ich wollte nicht eine von vielen sein, die ihn gut fanden. Ich wollte Julia sein.

In jedem von uns steckt dieser kleine Individualist, der ab und zu auf eine Extrawurst besteht. Vielleicht ist das ein Rucksackurlaub in Vietnam, den außer uns niemand in unserem Freundeskreis bisher gemacht hat. Eine Lieblingsband, die noch nicht in jedermanns Munde ist. Ein Geheimtipp-Restaurant, von dem wir als erste gehört haben. Eine Limited Edition von eigentlich egal was. Hauptsache, die anderen haben, kennen oder machen es (noch) nicht. Da sind wir alle ein bisschen Diva.

Präsentieren ohne Dose

Das gilt auch bei Präsentationen. Er muss ja nicht unbedingt exotisch oder extravagant sein, aber ein Vortrag muss mir das Gefühl geben, dass er nicht für alle, sondern für mich ist. Wenn ich merke, dass der da vorne seinen Standardtext abspult, irgendwas aus der Dose, nach dem Motto: hier Name und Stadt einfügen und es eigentlich gar nicht um mich und meine Bedürfnisse geht, verliere ich schnell das Interesse. Schließlich wird niemand gerne behandelt wie einer von vielen. „Ich möchte, dass sich jemand meinetwegen Gedanken macht“, sagte Akquisefachfrau Martina Bloch vorletzte Woche im Interview. „Das ist wertschätzend“. Recht hat sie.

Aber heißt das jetzt, dass Sie jedem Zuhörer die Präsentation auf den Leib schneidern müssen? Dass Sie jedem von ihm Honig um den Mund schmieren und umgarnen sollen? Natürlich nicht, denn dann müssten Sie für jeden einzelnen Zuhörer eine einzelne Präsentation halten. Die Kunst besteht darin, eine Präsentation zu bauen, von der sich nicht alle als Masse, sondern jeder einzelne als Person angesprochen fühlt.

Und wie soll das gehen?

Im Prinzip müssen Sie Ihrem Publikum zu verstehen geben, dass Sie wissen, wo ihm der Schuh drückt. Und dass Ihre Idee oder Ihr Produkt mit seinem Leben zu tun hat. Dafür müssen Sie natürlich verstehen, wie die, die da vor Ihnen sitzen, ticken, welche Probleme sie haben, welche Sorgen, welche Einstellungen. Aus einer anonymen Masse müssen einzelne Personen werden.

Im Marketing oder auch im Webdesign arbeitet man dafür gerne mit sogenannten Personas. Man erstellt Kunden-Prototypen und malt sich genau aus, wie alt sie sind, was ihre Hobbys sind, wo sie arbeiten, welche Gewohnheiten sie haben und dergleichen. Das ergibt eine Schablone, mit der Sie einschätzen können, wie sich diese Person in bestimmten Situationen verhält, wie sie entscheidet, was sie gut findet und was nicht. Kurz: Sie können nachempfinden, wie dieser Mensch tickt, um ihn genau dort zu packen zu bekommen.

Egal ob Millionenpublikum oder Minimeeting: Stempeln Sie Ihre Zuhörer nie zum Max Mustermann ab. Finden Sie lieber heraus, wer da genau vor Ihnen sitzt. Dann können Sie ihn genau dort abholen und ihm das Gefühl geben, etwas ganz besonderes zu sein.

Warum bessere Präsentationen zu besseren Produkten führen

Für herausragende Präsentationen müssen Sie die Brille des Publikums aufsetzen – für herausragende Produkte ebenso.

Wer gute Produkte hat, braucht keine Werbung. Stimmt. Aber: Wer gute Werbung macht, macht bessere Produkte. Warum? Weil gute Werbung heißt, sich darüber klar zu werden, wie meine Produkte das Leben meiner Kunden berühren.

Besonders anschaulich wird das bei Präsentationen. Die meisten Präsentationen sind gähnend langweilig, weil sie bloße Aufzählungen von Stichpunkten sind. Die Produkte können hochspannend sein, aber vielen Vortragenden gelingt es nicht, diese Faszination zu transportieren. Was aber machen die herausragenden Präsentatoren besser? Wie schaffen sie es, das Publikum zu fesseln? Selbst bei technischen oder vermeintlich trockenen Themen?

Sie lassen das Publikum spüren, was das Produkt mit seinem Leben zu tun hat. Sie ziehen die Brille des Publikums auf, werden konkret, erzählen Geschichten, in das sich das Publikum hineindenken kann. Und sie stellen sich die Frage: „Warum investiert das Publikum Zeit, um mir zuzuhören?“ Und dann schaffen sie es, die Antwort auf diese Frage messerscharf auf den Punkt zu bringen und ihren Vortrag genau auf diesen Punkt zu fokussieren.

Und so zwingen sie sich, nicht nur nach dem technisch Möglichen, sondern nach dem Sinnvollen zu fragen.

Indem ich mich also durch gute Kommunikation zwinge, die Fragen zu beantworten, die meine Kunden an mein Produkt haben, verstehe ich meine Kunden besser und kann mein Produkt noch besser in die richtige Richtung entwickeln.

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In Deckung vor Tante Gerda

Überzeugend Präsentieren: In Deckung vor Tante Gerda

Weihnachten könnte so schön sein. Duftende Plätzchen und kuschelige Abende, köstlicher Gänsebraten und … Tante Gerda. Jeder hat eine Tante Gerda in der Familie. Die Kinder nehmen vor ihren schmatzenden Küssen Reißaus, die Erwachsenen gehen ihr aus dem Weg, weil sie wissen: Wenn sie Tante Gerda einmal an der Backe haben, werden sie sie so schnell nicht mehr los. Denn Tante Gerda redet gerne und ausführlich. Zum Beispiel über ihren letzten medizinischen Eingriff oder wie ihr Dackel Waldi vor zehn Jahren mal ein Kaninchen jagte. Danach schimpft sie ausgiebig über die Jugend von heute.

Warum Tante Gerda nervt

Warum finden wir Tante Gerda eigentlich so nervig? Ganz einfach, weil sie keinerlei Notiz davon nimmt, was ihren Gesprächspartner interessiert. Sie spricht nur über sich selbst, erzählt zum hundertsten Mal altbekannte Geschichten und langweilt mit Allgemeinplätzen. Sie möchte sich nicht unterhalten, sie möchte reden. Deshalb merkt sie auch nicht, wenn ihr Gegenüber nach wenigen Minuten nur noch regelmäßig “hmmm…” sagt, weil es gedanklich schon längst abgeschaltet hat.

Und wen soll das interessieren?

Leider begegnet uns Tante Gerda nicht nur auf Familienfeiern. Sie schleicht sich auch in viele Präsentationen. Der Vortragende redet und redet und merkt nicht, dass das, was er sagt, eigentlich niemanden in seinem Publikum interessiert. Anstatt die Zuhörer mit ihren Interessen und Bedürfnissen in den Mittelpunkt seines Vortrags zu rücken, stellt er das Thema nur aus seiner Perspektive vor. Er bombardiert sein Publikum mit Fakten und Einzelheiten, die sich niemand merken kann. Deshalb hört auch ihm nach kurzer Zeit niemand mehr zu.

Da, wo der Schuh drückt

Der Unterschied zwischen Tante Gerda und einem Vortragenden ist: Tante Gerda ist zur Familienfeier gekommen, um Eierpunsch zu trinken und über sich selbst zu reden. Es ist ihr egal, dass ihr niemand richtig zuhört. Als Vortragender hingegen wollen Sie etwas bewegen, ansonsten könnten Sie sich die Präsentation direkt sparen. Und Sie können nur etwas bewegen, wenn Sie Ihren Zuhörer da packen, wo ihm der Schuh drückt und ihm zeigen, wie Ihr Produkt oder Ihre Idee ihm das Leben leichter macht.

Wenn Ihnen Tante Gerda also auch in diesem Jahr wieder ein Ohr abschwatzt, nehmen Sie sich fest vor, Ihr Publikum beim nächsten Vortrag davor zu bewahren.

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Die Wahrheit über Steve Jobs’ „Reality Distortion Field“

Die Ankündigung des iPhone im Januar 2007 zählt zu den besten Produktpräsentationen überhaupt (s.u.). Was viele halb ehrfürchtig, halb ironisch als „Reality Distortion Field“ bezeichnen, und was damals so leicht schien, war in Wahrheit das Ergebnis eines unglaublich aufwändigen Prozesses.

Die New York Times hat letzte Woche, anlässlich des zweiten Todestages von Steve Jobs, eine Reportage über die faszinierende Geschichte zur Entstehung des iPhone veröffentlicht. Ein großer Teil der Story schildert die Vorbereitungen der Präsentation. Die wichtigste Lehre daraus: Eine herausragende Präsentation wie die des iPhone verlangt einen gewaltigen Kraftakt:

From Thursday through the end of the following week, Apple completely took over Moscone. Backstage, it built an eight-by-eight-foot electronics lab to house and test the iPhones. Next to that it built a greenroom with a sofa for Jobs. Then it posted more than a dozen security guards 24 hours a day in front of those rooms and at doors throughout the building.

Das ganze Personal, inklusive Steve Jobs selbst, wohnte also praktisch im Moscone-Center, wo die Veranstaltung stattfand; und zwar nicht erst einen Tag vor der Präsentation, sondern ganze 1,5 Wochen lang.

5 Tage davon stand Steve Jobs auf der Bühne, um die Präsentation zu üben. 5 Tage als Vorstandschef eines Weltkonzerns. Schätzen Sie mal, wie viele Minuten die Vorstände der deutschen Großkonzerne im Durchschnitt vor einer wichtigen Präsentation üben.

Was die Präsentation besonders heikel machte: Das iPhone war noch gar nicht fertig. Im Januar 2007 gab es immer noch lediglich ein paar Prototypen. Die Software war noch lange nicht fertig, Fehler waren zahlreich und quälten die Entwickler. Und sie erschwerten die Planung der Präsentation:

It’s hard to overstate the gamble Jobs took when he decided to unveil the iPhone back in January 2007. Not only was he introducing a new kind of phone – something Apple had never made before – he was doing so with a prototype that barely worked. … The list of things that still needed to be done was enormous. … The iPhone could play a section of a song or a video, but it couldn’t play an entire clip reliably without crashing. It worked fine if you sent an e-mail and then surfed the Web. If you did those things in reverse, however, it might not. Hours of trial and error had helped the iPhone team develop what engineers called “the golden path,” a specific set of tasks, performed in a specific way and order, that made the phone look as if it worked.

Es ist diese Akribie, dieser unbedingte Wille, es immer und immer wieder auszuprobieren, hier etwas zu verändern, dort nochmal etwas neues zu versuchen, der dazu führt, dass am Ende alles so leicht wirkt. Steve Jobs wollte nicht einfach seine Produkte zeigen. Er wollte die Welt begeistern, wollte dass jeder Besucher im Saal aus der Präsentation heraus geht und so ein Gerät haben möchte.

Manche nannten es das „Reality Distortion Field“; in Wahrheit war es die Besssenheit, dass einfach alles perfekt funktionieren musste. Das, was Steve Jobs’ Präsentationen von anderen unterschied, war sein unbedingter Wille zur Perfektion. Er wollte unbedingt die echte Hardware zeigen, keine vorgefertigten Filme oder vorprogrammierten Sequenzen. Es mag unbedeutend scheinen, doch es macht einen gewaltigen Unterschied. Zu sehen, wie etwas funktioniert, ist für das Publikum etwas völlig anderes, als bloß glauben zu müssen, dass es funktioniert.

Viele scheuen den Aufwand, eine Live-Demo so vorzubereiten, dass sie funktioniert. Viele haben Angst, dass etwas nicht so funktioniert, wie es soll. Deshalb verzichten sie lieber darauf. Doch wer Begeisterung für sein Produkt säen will, der muss das echte Produkt zeigen.

Und noch etwas trug zu diesem „Reality Distortion Field“ bei. Jobs wollte, dass das Publikum sich fühlt, als würde es selbst das Gerät bedienen. Jeder im Publikum sollte nachvollziehen können, wie es sich anfühlt, seine Geräte zu bedienen.

Normalerweise wird dazu eine Kamera verwendet, die dem Vortragenden über die Schulter schaut, während er das Gerät bedient. Das ist meist wackelig, liefert schlechte Bildqualität und bleibt schwer erkennbar, weil die Finger des Bedieners den Bildschirm verdecken. Jobs bestand deshalb darauf, dass der Bildschirminhalt des iPhones auf die Projektionsfläche weitergeleitet wird. Ein zusätzlicher technischer Aufwand in dem halb-fertigen iPhone, für den Jobs die Ingenieure wochenlang Überstunden machen ließ:

No one knew whether the extra electronics Jobs demanded the demo phones include would make these problems worse.

Jobs wanted the demo phones he would use onstage to have their screens mirrored on the big screen behind him. To show a gadget on a big screen, most companies just point a video camera at it, but that was unacceptable to Jobs. The audience would see his finger on the iPhone screen, which would mar the look of his presentation. So he had Apple engineers spend weeks fitting extra circuit boards and video cables onto the backs of the iPhones he would have onstage.

Die Wirkung verfehlte das nicht. Die iPhone-Präsentation ist noch heute, fast sieben Jahre später ein Musterbeispiel für eine gelunge Produktvorstellung. Doch Zufall war das nicht, auch nicht die magische Fähigkeit eines genialen Präsentators.

Steve Jobs’ „Reality Distortion Field“ war das Ergebnis äußerster Sorgfalt in der Vorbereitung:

  1. Das Streben nach Perfektion in der Vorbereitung der vorzuführenden Produkteigenschaften. Das schließt auch eine sorgfältige Planung ein, was überhaupt in welcher Reihenfolge vorgeführt wird, also die Planung der Story.
  2. Das Streben nach dem besten Erlebnis für das Publikum. Nicht das Publikum soll sich quälen, sondern der Vortragende, damit das Verständnis des Publikums so einfach wie möglich wird.
  3. Üben. Üben. Üben. Es ist eine Binsenweisheit. Aber eine wahre. Wer nicht übt, wird nicht souverän auf der Bühne stehen.

Der Artikel der New York Times enthält viele weitere faszinierende Anekdoten zur Entstehung des iPhones und ist unbedingt lesenswert. Unbedingt sehenswert ist, auch zum wiederholten Mal, die Präsentation des iPhones:

kununu ist ja so stolz

So, so, Xing übernimmt kununu, eine Webseite, auf der Angestellte ihren Arbeitgeber bewerten können. Und weil die sich bei kununu so sehr darüber freuen, haben sie ein Video dazu machen lassen:

Offenbar freuen sie sich so sehr darüber, dass sie vergessen zu sagen, warum mich das interessieren sollte. Besser gesagt: Sie wissen es selbst nicht. Denn gleich zu Beginn des Videos lautet die Antwort auf diese Frage (kein Scherz):

What’s this mission about?

I have no idea actually …

Das Problem: Das Video ist ein reines Schulterklopfer-Video. Das Unternehmen darf ja ruhig stolz sein, dass es in 5 Jahren so sehr gewachsen ist, dass Xing ein paar Millionen dafür hinblättert. Nur: warum sollte mich das interessieren?

John Caples, amerikanischer Werbetexter, hat einmal gesagt:

Der häufigste Grund für erfolglose Werbung, sind Menschen, die so begeistert sind von ihrer Leistung, dass sie vergessen zu sagen, warum gerade wir kaufen sollten.

Bei kununu waren sie wohl mächtig begeistert von ihrer Leistung.

Übrigens: Auch die Auflösung ist verkorkst, denn der Pilot verlässt am Ende die Rakete mit den ganzen tollen Reviews und plumst wieder auf die (Xing-)Erde zurück.

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Die Special-Effects-Präsentation

Der eine Raum unscheinbar. Ein kleiner Mann, Sakko, weißes Hemd, mannshohe Projektionsfläche.

Der andere Raum schon gar kein Raum mehr, vielmehr eine riesige Halle mit drei gewaltigen Kinoleinwänden. Ein Kammerorchester neben der riesigen Bühne, ein Magier, ein Regisseur von Weltrang, ein Zeremonienmeister und viele Manager in Abendgarderobe.

Die eine Präsentation spannend, die andere langatmig, ja langweilig. Was glauben Sie: welche ist welche?

Alltag oder Magie?

„We’re the people with the smile on the box.“ Dieses Paket hat wahrscheinlich jeder schon einmal erhalten.

Samsungs gigantische Bühne für ihre Pressekonferenz auf der IFA in Berlin. Eine große Bühne garantiert noch keine spannede Präsentation.

Die eine Präsentation startet mit einem kurzen Film. Er beginnt mit den Worten: „We’re the people with the smile on the box.“ und zeigt dazu die Bilder eines Amazon-Pakets, das zuhause abgeliefert wird.

Die andere Präsentation startet mit einem Magier, der zu Orchestermusik ein paar Kartenspielertricks vorführt. 9 Minuten später fragt der Zeremonienmeister: »Shall we begin?«

Was glauben Sie: Was spricht das Publikum mehr an?

Alltag oder Kunst?

Haben Sie schon einmal im Freien ein Buch gelesen oder auf ein Display geschaut? Dann können Sie sich ganz einfach vorstellen, was ein besseres Display nützt.

„I believe that we all have a speck of creativity inside and it just needs to be brought out.“ Nimmt das jemand aus dem Mund dieses Herrn ernst?

Auf der einen Bühne erklärt Amazon-Chef Jeff Bezos, dass die neuen Kindles besseren Wlan-Empfang haben, damit HD-Filme schnell genug geladen werden. Er zeigt, wie eine neue Bildschirm-Technologie die Lesbarkeit im Sonnenlicht verbessert. Jeder, der schon einmal auf einen Download gewartet oder im Freien auf ein Display geschaut hat, kann sich in diese Situationen hineinversetzen.

Auf der anderen Bühne zeigt der »Kreativitätsbotschafter für das Galaxy Note«, Wim Wenders, wie ein paar Studenten einen Kunstfilm »Recreate Berlin« gedreht haben, in dem Berlin gar nicht neu erfunden wird. Und ein Samsung-Manager im Anzug erklärt, dass in jedem (auch in ihm?) Kreativität stecke, die nur frei gelassen werden müsse. Große Worte, aber kann sich da jemand hineinversetzen? Es folgen etliche Filme, in denen ein Magier neue Samsung-Geräte (im wahrsten Sinn des Wortes) aus dem Hut zaubert.

Was glauben Sie, womit kann man sich besser identifizieren?

Special-Effects oder gute Story?

Immer wieder bemüht Samsung das Bild der „magischen Produkte“. Das ist nicht nur abgestanden, sondern auch völlig abstrakt. Außerdem: Glaubt das einer?

In Amazons Filmeinspielungen erzählen „normale“ Nutzer, wie sie den Kindle nutzen. Das ist auch nicht neu, aber als Zuschauer denkt man sich leichter in diese Personen hinein.

Samsung setzt auf den Wow-Effekt. Amazon auf den Aha-Effekt. Deshalb braucht Amazon den ganzen Pomp von Samsung nicht, der verpufft, weil der Aha-Effekt aufgesetzt wirkt und manchmal ganz fehlt. Wie bei Actionfilmen: gute Special-Effects mögen nett aussehen, aber ohne gute Story bleibt der Film öde.

Und warum funktioniert Amazons Präsentation? Weil Jeff Bezos sich von der ersten Minute an bemüht, den Zuschauer (bzw. den Kunden) in den Mittelpunkt zu stellen. Er schafft Bilder, in die wir uns hineinversetzen können. Wir alle haben schon einmal ein Amazon-Paket erhalten. Und jeder hat sich schon einmal darüber geärgert, dass er sein Handy-Display im Sonnenlicht nicht lesen konnte.

Amazon macht so den Zuschauer – jeden einzelnen – zum Helden, weil wir uns mit den Situationen identifizieren können. Samsungs Helden sind Künstler und Manager im Anzug, und nicht einmal echte Promis. Wir wollen kein Wim Wenders sein, auch kein Magier (jedenfalls die meisten nicht).

Wenn Ihre Präsentation spannend sein soll, brauchen Sie einen Helden, mit dem sich ihr Publikum identifizieren kann. Sie brauchen keinen teuren Wow-Effekt, sondern einen echten Aha-Effekt.

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Eine Geschichte ist dann spannend, wenn ich wissen will, wie es weiter geht. Wenn ich’s schon weiß, ist es nicht mehr spannend. Bei Ihrer Präsentation weiß ich es. Also ist sie nicht spannend.

Warum ich es weiß? Was soll denn schon groß kommen nach der Titelfolie, der Agenda und dem Foto des hässlichen Firmengebäudes? Wecken Sie mich auf, wenn’s doch noch spannend wird.

Ach, Sie meinen, Geschichten seien auch oft gleich aufgebaut und dennoch spannend. Stimmt, aber dann will ich wissen, ob Jakob seine Krankheit besiegt oder ob Susanne dem Kidnapper entkommt. Die Geschichte stellt mir einen Helden samt seiner Umwelt vor und liefert mir einen Grund dafür, dass mir sein Schicksal nicht egal ist.

Und Ihre Präsentation? Welchem Helden kann ich da die Daumen drücken? Ach, es gibt keinen? Weil es ja ein technisches Thema sei. Ich müsse mich schon für das Thema interessieren.

Einverstanden, wenn ich eine Information unbedingt haben möchte, dulde ich auch schon einmal ein wenig Langeweile. Aber soll ich Ihnen etwas sagen: Ihre Präsentation interessiert mich nicht. Weil Sie nur erzählen, was Sie interessiert. Und das ist mir reichlich egal.

Wenn Sie wollen, dass ich zuhöre, dann geben Sie mir einen Grund. Sorgen Sie dafür, dass es mich interessiert. Was ist Ihre Idee und wieso sollte Sie mir nicht egal sein? Erklären Sie mir die Herausforderung und ich höre gespannt zu, wie Sie sie lösen. (Und nein, es reicht nicht, über eine Folie „Motivation“ zu schreiben und irgendein abstraktes Zeug zu erzählen.)

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Für wen?

Jetzt mal ehrlich, für wen halten Sie eigentlich die Präsentation:

Für Ihren Chef? Bloß nichts vergessen. Wenn alles auf den Folien steht, kann mir am Ende auch niemand sagen, ich hätt’s nicht erwähnt.

Für Ihre Kollegen? Bloß keinen Fehler machen. Wenn ich so wie die anderen präsentiere, dann war ich es wenigstens nicht schuld, wenn’s nicht so gut ankommt.

Für sich selbst? Bloß keine Unsicherheit. Lieber von den Folien ablesen, dann verliere ich auch nicht den Faden. Und ich versteck mich mal lieber hinter dem Laptop.

Für die Tonne? Bloß nicht zu viel Zeit investieren. Ich such’ mir einfach ein paar Folien zusammen und druck’ sie gleich als Handout aus. Ist ja nicht so, als hätte ich nichts wichtigeres zu tun.

Wie wär’s, wenn Sie stattdessen für Ihr Publikum präsentieren?

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“Der Kunde ist König” mag in der Business-Welt ein Standard-Motto geworden sein, aber die Idee, dass “das Publikum König ist” hat sich noch immer nicht in der Welt der Präsentationen verbreitet, obwohl das Publikum, zumindest für die Dauer der Präsentation der einzige Kunde des Vortragenden ist.”

Diese Worte schrieb der englische Präsentatonstrainer Max Atkinson im Jahr 2004 und sie sind heute noch wahr. Noch immer sieht die Realität in vielen Unternehmen so aus, dass die Bedürfnisse des Kunden “Publikum” bei Präsentationen weitgehend ignoriert werden.

Da wird ausführlich die Firmengeschichte präsentiert, wird jede einzelne Produkteigenschaft in unverdaulichen Stichwortlisten vorgelesen und da wird munter eine halbe Stunde gegen eine Leinwand geredet, wo eigentlich ein Dialog angebracht wäre.

Hier zeigt sich eine völlig falsche Perspektive, nämlich die des Plapperers, der nicht zuhört. Er redet und redet und redet und zwar immer nur über sich – und fragt sich nicht, welche Informationen das Publikum eigentlich braucht, damit die Investition in die 30 Minuten seiner wertvollen Zeit, möglichst gut angelegt ist.

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Wenn ich meine Ideen in die Köpfe meines Publikums bringen möchte, dann bin ich dafür verantwortlich, dass das auch gelingt. Und in dem Sinn ist das Publikum bei Präsentationen König. Wenn es der Meinung ist, ich hätte etwas nicht gut genug erklärt, dann habe ich es nicht gut genug erklärt. Ende der Diskussion.

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