Wer sich selbst Schreibnudel nennt, kann wohl kaum bierernst sein. Und tatsĂ€chlich wĂ€re das wohl eine echte Beleidigung fĂŒr Gitte HĂ€rter. Die Buchautorin hat nicht zuletzt wegen ihrer lockeren Art so viele Fans.
Seit vielen Jahren schreibt, spricht und coacht sie ĂŒber die Themen SelbstĂ€ndigkeit, Persönlichkeit und Karriere, z.B. in ihren beiden letzten BĂŒchern Nerv nicht! und Mit Persönlichkeit punkten â zeigen Sie Profil.
Und weil sie das stets auf so charmante Art mit einem Augenzwinkern tut, habe ich sie gebeten, uns einen Blick in ihre Trickkiste zu gewĂ€hren. Herausgekommen ist ein Erfahrungsbericht aus ihren VortrĂ€gen, der prallvoll gefĂŒllt ist mit praktischen RatschlĂ€gen fĂŒr unterhaltsame VortrĂ€ge.
Gut gelacht ist halb gewonnen Die meisten Menschen sind locker drauf und lachen gerne. Bis sie einen Vortrag halten sollen. Dann treten sie â meist schon in der Vorbereitung, spĂ€testens auf dem Weg zur âBĂŒhneâ â durch einen unsichtbaren Korrektheitsvorhang.
Das Publikum findet sich in seinem schlimmsten Alptraum wieder, denn jetzt sitzt es einem Perfektionszombie gegenĂŒber. Und wir alle wissen, was Zombies ausmacht: Sie sind leblos. Und sie fressen Gehirne.
Wenn Sie schon einmal lĂ€ngere Zombie-VortrĂ€ge ĂŒber sich ergehen lassen mussten, wissen Sie, wie es sich anfĂŒhlt, wenn das Hirn von Langeweile zerfressen wird.
Vielleicht haben Sie auch schon selbst den einen oder anderen Vortrag dieser Art gehalten. Das kommt vor! Immerhin möchten Sie Ihr Bestes geben und ĂŒberall liest man, dass VortrĂ€ge rhetorisch oh so perfekt sein sollten.
Alles Quatsch! Seien Sie nicht perfekt, seien Sie erfrischend!
âAber kratzt das nicht an meiner Kompetenz?â
Nö. Ganz im Gegenteil!
Waren Sie schonmal auf einem Konzert, bei dem die Musiker so richtig Spielfreude hatten? Das ist ein Unterschied zwischen Tag und Nacht, ob jemand ein gutes Konzert spielt oder richtig SpaĂ hat.
Genau darum geht es auch bei VortrĂ€gen: Haben Sie SpaĂ daran, ĂŒber Ihr Thema zu sprechen. Haben Sie SpaĂ daran, mit Ihrem Publikum zu interagieren. Und lassen Sie vor allen Dingen Ihre Zuhörer krĂ€ftig lachen. So wird Ihr Vortrag ein schönes Erlebnis, das sich in den Köpfen verhakt, Ihre Zuhörer bekommen einen richtig guten Zugang zu Ihrem Thema und Sie werden sehen: auch NervositĂ€t ist durch das gute Band zum Publikum wie weggeblasen.
7 Tipps fĂŒr einen humorvollen und lebendigen Vortrag
Hau wech, den Beamer.
Durchgehender Einsatz von Technik schneidet Sie von Ihrem Publikum ab: Das Zuhören fÀllt schwer, weil man gleichzeitig stÀndig irgendwas entziffern soll. Und zuschauen geht schon gleich gar nicht, weil alles abgedunkelt wird und man an die Wand starrt, statt auf Sie. Setzen Sie Technik nur punktuell ein, und auch das nur, wenn es unbedingt nötig ist. Positiver Nebeneffekt: Sie machen sich unabhÀngig von möglichen Technikpannen und können so auch viel relaxter in einen Vortrag gehen.
Schau mir in die Augen, Kleines!
Vergessen Sie Tipps wie âĂŒber die Köpfe der Leute hinwegsehenâ: Sehen Sie Ihrem Publikum in die Augen â und halten Sie Blickkontakt. Sprechen Sie mit der Gruppe wie mit EINEM GEGENĂBER ist. Es ist nicht Alle-gegen-einen, Sie sitzen nicht auf einem PrĂ€sentierteller, sondern Sie fĂŒhren ein GesprĂ€ch … auch wenn Sie 500 Leuten gegenĂŒberstehen. Das klingt vielleicht noch etwas abstrakt fĂŒr Sie, aber ich versichere Ihnen, dass diese Vorstellung enorm hilft.
Improvisieren Sie!
Vielleicht ist das jetzt eine gute Nachricht fĂŒr viele von Ihnen: Meine ersten VortrĂ€ge waren nicht besonders gut, weil ich ĂŒbervorbereitet war. Ich dachte, man mĂŒsse alles genau vorbereiten. Ich dachte, man mĂŒsse alles auf nummerierte Moderationskarten schreiben. Ich dachte, man mĂŒsse perfekte Ăberleitungen machen. Aber weil ich selbst ein Improvisierer und kein Einstudierer bin, ging alle diese Vorbereitung bei mir nach hinten los. Wenn Sie also auch jemand sind, der spontan ist und sich durch all diese Vorbereitungen eher gefangen und verunsichert fĂŒhlt, dann lassen Sie es bleiben! Gehen Sie mit einigen Stichwörtern in den Vortrag und machen Sie Ihr Ding.
Wenn Sie sich wohl damit fĂŒhlen, alles gut strukturiert und geplant vorzubereiten, ist das ebenfalls wunderbar, aber lassen Sie auch dann bitte Raum fĂŒrâs Improvisieren. VortrĂ€ge, die total durchgeplant sind, wo jeder Effekt und jede Pause geplant ist und solche, die schon mehrmals gehalten wurden, wirken oft sehr starr oder abgestanden.
Gehen Sie auf TuchfĂŒhlung.
… und zwar in jeder Hinsicht: Gehen Sie nah an die Leute ran, verschanzen Sie sich bloĂ nicht hinter Rednerpulten oder dicken Schreibtischen, sondern rĂ€umen Sie jede Barriere weg. Verschaffen Sie sich Bewegungsspielraum. MĂŒssen Sie mit Mikrofon sprechen, dann bitten Sie um ein Headset oder ein tragbares Mikro. Ein festes Mikro verkrampft und langweilt schnell … erst recht, wenn das Publikum mehrere VortrĂ€ge ĂŒber sich ergehen lassen muss.
Reden Sie nicht an Ihr Publikum hin, sondern sprechen Sie mit ihm … und zwar im Plauderton. Ihrer Phantasie sind keine Grenzen gesetzt:
Fragen Sie per Handzeichen ab: âWie viele von Ihnen …?â, âJetzt aber mal ehrlich: Wer hat schonmal …?â oder Sie machen vorher ein Statement, erzĂ€hlen eine Anekdote und lassen sich daraufhin praktisch durch Handzeichen bestĂ€tigen, was Sie eben gesagt haben. Das gibt nicht nur immer lustige Unruhe unter den Leuten, besonders wenn Sie es mit einem SpĂ€Ăchen verknĂŒpfen, sondern Sie lassen Ihr Publikum mitmachen anstatt nur passiv konsumieren.
Bitten Sie um einen Freiwilligen: Das muss gar nicht mal etwas sein, bei dem der Freiwillige etwas tun oder gar auf die BĂŒhne muss, sondern es sollte einfach jemand sein, der Ihnen behiflich ist, indem er beispielsweise ein kurzes GesprĂ€ch simuliert. Ich hatte mal einen Vortrag, bei dem es unter anderem darum ging, dass denn meisten Leuten Small Talk so schwer fĂ€llt. Daraufhin habe ich gefragt: âWer von Ihnen macht mal eben etwas Small Talk mit mir? Ist gar nicht schlimm! Sie brauchen auch nicht groĂ denken, nur spontan auf das reagieren, was ich sage.â â Freiwillige finden sich ĂŒbrigens leichter, wenn Sie von vornherein sagen, worum es geht und nichts machen, das die Leute auf den PrĂŒfstein stellt. Wichtigste Regel: FĂŒhren Sie nie-nie-nie einen Zuhörer vor. Da hört der SpaĂ gleich auf! Denn SpĂ€Ăe auf Kosten anderer nimmt Ihr gesamtes Publikum zu Recht sofort ĂŒbel.
Picken Sie einen Einzelnen raus fĂŒr eine âeinseitige Show-Einlageâ: Fragen Sie erst gar nicht, sondern bestimmen Sie Leute als âStatistenâ, die gar nichts tun mĂŒssen. Ich picke mir in VortrĂ€ge immer irgendwelche Leute aus der ersten Reihe raus, gehe ein paar Schritte auf sie zu und sage: âDer Herr Meier zum Beispiel … (der Person zugewandt:) … Sie sind jetzt mal mein Herr Meier (anlĂ€chel) … also der Herr Meier …â â und dann konstruiere ich mein Beispiel um den Herrn Meier herum.
Sie können dann auch noch eine âFrau Huberâ dazu nehmen und wenn Sie es geschickt machen, spĂ€ter im Vortrag die beiden Beispiele auch noch verknĂŒpfen. âWenn der Herr Meier also mit Frau Huber in einem BĂŒro arbeiten wĂŒrde, na dann gute Nacht!â
Ihr Publikum wird es lieben, wenn Sie im Lauf des Vortrags auf solche Beispiele zurĂŒckkommen. Denn Sie haben einen gemeinsamen Insiderscherz.
Wenn es zu Ihnen und zum Thema passt, können Sie es auch noch weitertreiben. In manchen VortrĂ€gen sage ich schonmal: âAngenommen, ich und … (wie ist Ihr Vorname?) … ah: Ralf … also angenommen Ralf (anlĂ€chel) und ich sind verheiratet … und jetzt lĂ€sst der Rahalf plötzlich ĂŒberall seine Socken liegen! (empört schau … an Ralf gewandt:) So hab ich mir die Ehe nicht vorgestellt! … (zum Publikum gewandt) … also in diesem Fall … [und dann ĂŒberleiten zum eigentlichen Punkt].â
Wichtig ist, dass solche Beispiele immer sinnvoll zu Ihrem Thema passen und nicht nur Show sind.
ErzÀhlen Sie (echte) Anekdoten.
âLetzte Woche zum Beispiel stehe ich in der Schlange bei der Post …â, âSie werden es mir nicht glauben, aber auf der Fahrt hierher …â â zu fast jedem Thema gibt es Anekdoten: Wirkliche Geschichten aus dem Leben, die Ihnen selbst oder einem Freund passiert sind.
Jedes Publikum hört gerne solche echten Geschichten. Vergessen Sie abgenudelte Standardbeispiele und bringen Sie vor allen Dingen niemals irgendwelche Fakes Ă la âSusi Schlau geht einkaufen und …â.
Vor allen Dingen ist Ihr Publikum begeistert, wenn Sie davon erzĂ€hlen, dass Sie sich selbst ungeschickt angestellt haben: etwas verpatzt, aus der Fassung geraten, aus Sturheit wider besseren Wissens etwas durchgesetzt, obwohl Sie es schon hatten kommen sehen? Raus mit solchen Anekdoten! Das macht Sie als Mensch greifbar und als Fachmann noch viel sympathischer. Das fĂŒhrt uns schon zum nĂ€chsten wichtigen Punkt:
Seien Sie selbstironisch.
Selbstironie kommt immer gut an. Menschen, die ĂŒber sich lachen können, sind Ă€uĂerst souverĂ€n. Vor allen Dingen aber haben Sie hier die gesamte Klaviatur des Humors zur VerfĂŒgung: denn Sie selbst sind die Zielscheibe!
Sie können also ehrliche Anekdoten erzĂ€hlen, ĂŒber sich selbst die Augen rollen … und Sie können vor allen Dingen wĂ€hrend des Vortrags zeigen, wie cool Sie mit HĂ€ngern, Versprechern oder Fehlern umgehen.
Lachen Sie mit Ihrem Publikum gemeinsam ĂŒber sich. Sie bringen damit nebenbei eine der wichtigsten Botschaften rĂŒber: Die Dinge locker sehen können. Mit Missgeschicken gelassen umzugehen.
Entertainen Sie!
Keine Sorge: Sie brauchen kein Stand-up-Comedian werden! Aber: Achten Sie trotzdem mal drauf, wie gute Standup-Komiker sich verhalten: Da wird mal eine Augenbraue schiefgestellt, das Gesicht verzogen, mit Gesten gearbeitet â und immer wieder werden dabei Pausen gemacht.
Ihr Vortrag gewinnt, wenn Sie â natĂŒrlich so, dass es zu Ihnen passt â gut dosiert solche Akzente setzen.
Ich bin beispielsweise eher ein Zappelphilipp, raufe mir schonmal die Haare, falle auf die Knie, schĂŒttle einem Zuhörer die Hand oder haue mir auf die Stirn. Je nachdem wie groĂ Ihr Publikum ist beziehungsweise wie weit weg Ihre Zuschauer sitzen, mĂŒssen Sie â wie im Theater â solche körpersprachlichen Gesten dann auch gröĂer und etwas ĂŒbertriebener machen als normal. Darum ist es wichtig, das wohldosiert zu tun. Sie wollen entertainen und kein Kasperl sein. Wobei ein kompetenter Kasperl auch nichts Schlechtes ist. ;-)